Vergessen Sie das Wort „Auto“

Jedes Kind weiß inzwischen, dass die technischen Geräte, die wir heute noch Auto nennen, bald fahrerlos über die Straßen sausen werden. Und doch fehlt der breite Diskussion noch eins: Tragweite. Abgesehen von Organisation und Technologie der selbstfahrenden Autos wird dabei der bevorstehende Wandel der Sprache schnell vergessen … dabei sprechen wir ja heute auch nicht von mechanischen Pferden, wenn wir Autos meinen. So werden wir 2030 auch nicht selbstfahrende Autos sagen und etwas anderes meinen. Ein kurzer Abriss der kommenden Jahre sowie zwei knackige Szenarien, aus denen ca. fünf Geschäftsmodelle hervorgehen.

Autonomes Fahren: Maschinen treffen schon jetzt bessere Entscheidungen

Zunächst einmal möchte ich an dieser Stelle einmal schriftlich und öffentlich fixieren, dass meiner Einschätzung nach die erste Level 5-Fahrt in komplexen Verkehrssituationen noch vor dem Jahr 2020 stattfinden wird. Die ersten kommerziell erhältlichen selbstfahrenden Autos (mit Level 4) werden dann kurz darauf folgen – allerdings noch mit der gesetzlichen Einschränkung, dass noch ein Lenkrad für den Notfall vorhanden sein muss. Dass ich nicht lache. Ich stelle mir solche Annahmen immer gern bildlich vor. Was tut ein menschlicher Insasse, wenn die Superintelligenz des automobilen Boardcomputers nach der Auswertung von 1GB Daten (über eine Milllion Datenpunkte) pro Sekunde zu dem Ergebnis kommt, dass sie selbst diese Situation nicht mehr retten kann? Richtig: gar nichts. Dann ist es zu spät. Anders beschrieben: was tun Menschen, wenn ihnen unerwartet jemand die Vorfahrt nimmt oder ein Tier vors Auto läuft? Antwort: In der Mehrzahl der Fälle reagieren sie irrational, affektiv und falsch. Unser Erbgut enthält leider keinen vorgefertigten Instinkt für derartige Situationen.

Schon 2018 haben Auswertungen ergeben, dass die autonomen Fahrzeuge weniger Unfälle verursachen als menschliche Fahrer (Quelle1, Quelle2); in unserem Medien-Dunstkreis erscheint immer nur die Meldung über die Fehler der Autopiloten. Menschen neigen dazu, neue Lösungsansätze zunächst skeptisch zu beäugen, vielleicht hat auch diese Eigenschaft die Spezies weit gebracht. Öffentliche Debatte hin oder her: die Zulassung autonomer Fahrzeuge erst auf Autobahnen voranzutreiben, ist allenfalls aus Akzeptanzgründen richtig. Mehr Bedarf besteht in den Stadtzentren, in denen zwar über die letzten Jahre immer weniger, aber doch noch viel zu viele Lebewesen durch unachtsame Fahrzeugführer verletzt oder getötet werden.

Zoom out: Geschäftsmodelle in selbstfahrenden Autos

Zurück zum großen Bild. Autos steuern sich bald selbst. Inwiefern verändert diese baldige Realität das Aussehen von Autos? Entfernen die Ingenieure bei Daimler, Volkswagen, Tesla und Toyota einfach brav Lenkrad, Pedale, Handbremse, Fahrtrichtungsanzeiger und Scheibenwischer und das war’s? Danach einfach so weiter wie bisher? Dass das nicht alles ist, kann ich Ihnen schon jetzt mit extrem hoher Wahrscheinlichkeit erläutern. Wenn Fahrzeuge sich selbst steuern, stellen sich die Innenraumdesigner plötzlich gänzlich neuen Fragen. Anstatt ein sicheres und möglichst komfortables Cockpit um einen Fahrer herum zu designen, der idealerweise nicht zu sehr durch Zusatzfunktionen abgelenkt und defokussiert wird, dreht autonomes Fahren diesen Spieß um. Endlich dürfen die Designer der Automobilindustrie Fahrzeuge gestalten, die sich um den Beifahrer drehen und das Erlebnis innerhalb eines fahrenden Blechkastens erhöhen, denn dann sind alle Insassen Beifahrer und Ablenkung ist gut!

Und mehr noch: Überlegen Sie sich bitte, was Sie alles endlich während der Fahrt tun dürfen, wenn Sie nach einem langen Arbeitstag nach Hause pendeln oder früh morgens zu einem Kundentermin jagen. Endlich dürfen Sie sich vorbereiten oder schlafen, Sie können unbeschwert mit beiden Händen essen, können Computerspiele daddeln oder sich mit Ihrer Familie Aug in Aug befassen. Im Übrigen stammen diese Szenarien nicht von Science-Fiction-Fans, sondern aus den Produktionshallen der Industrie. Kaum ein Automobilhersteller hat nicht bereits Prototypen vorgestellt, am spannendsten finde ich persönlich jedoch die Zusammenarbeit von Toyota und Softbank in dem Joint Venture Monet. Denn anders als die Konkurrenz der etablierten Fahrzeugindustrie hat Monet verstanden, dass Toyota in ein paar Jahren aufhören wird, mit dem Verkauf von Fahrzeugen Geld zu verdienen. In der Logik des „Mobility as a service“ (MaaS) gilt die gebuchte Fahrt, vielmehr noch die erzeugten Daten über Fahrt und Insassen sowie die gegebenenfalls verkauften Premiumleistungen.

Wie läuft das in der Zukunft ab? Zwei Szenarien:

Freitag, 11. Februar 2022. Meine Präsentation beim Frankfurter Geschäftspartner ist gut gelaufen und ich verlasse gegen 16:30 Uhr dessen Büro. Ich freue mich auf die Geburtstagsparty meines besten Freundes heute Abend – doch ich weiß genau, dass zwischen der Drehtür vor mir und meiner Haustür rund 400 Kilometer liegen. Zum Glück muss ich nicht mehr einen Mietwagen selbst steuern, denn dann bräuchte ich mit Pausen erstens gut vier Stunden für den Weg und müsste mich dann zuhause noch an den Schreibtisch setzen und das Meeting nach- und alles für die Kollegen aufbereiten. Früher kam ich wegen so etwas immer viel zu spät und innerlich aufgewühlt zu Partys. Stattdessen erwartet mich bereits mein Uber Office, denn es wusste dank meiner Kalenderfreigabe und der aktivierten Extra-Schnittstelle, dass ich heute kein Best Western Sleep oder Starbucks Diner benötige. Ein Fahrzeug, das insgesamt etwa so groß ist wie ein SUV der 2010er Jahre öffnet seine Türen, ich werfe meinen Rucksack in den großzügigen Innenbereich, setze mich dazu – erstmal Beine laaang austrecken – und sage: „hallo Uber, einmal nach Hause, bitte“ – „alles klar, los geht’s! Wir erreichen dein Zuhause um 20:19 Uhr, wenn du unterwegs keine Pause benötigst. Ich jedenfalls nicht, mein Akku ist voll geladen!“ Ich klappe den Bürosessel mit Massagefunktion aufrecht, packe mein Notebook auf den Tisch und beginne mit der Nach- und Aufbereitung des Meetings. Um 20:17 Uhr rollen wir bei mir zuhause vor die Haustür, was mir genügend Zeit verschafft hat, aus dem Meeting-Outfit zu schlüpfen und zur Party zu radeln. Um Punkt 21 Uhr schlage ich bei der Party auf und bin der erste Gast – und blicke in verdutzte Gesichter: „Du schon hier?!“
Am selben Tag hat Onkel Wilhelm wieder einiges vor. Morgens der monatliche Checkup beim Hausarzt, nachmittags ein paar Kleinigkeiten einkaufen – ein „echter“ Supermarkt und sein eigenwilliger Einkaufszettel sind ihm immer noch lieber als Online-Bestellungen – und abends Schachspielen im Nachbarort. Er hat sich viele Jahre darauf gefreut, nicht mehr selbst fahren zu müssen, deshalb steht pünktlich um 7:50 Uhr morgens sein Bosch Taxi vor der Haustür, um ihn in die Innenstadt zu fahren. An Bord läuft Wilhelms Lieblingsradiosender BOB Radio. Keine zehn Minuten später erreichen sie das Ziel. Anstatt einen Parkplatz vor dem Ärztehaus zu belegen, dampft das „Taxi“ nach erfolgreicher Beförderung wieder ab, um weitere Aufträge entgegenzunehmen und autonom zur Ladesäule zu navigieren. Nach dem Arzttermin kommt ein anderes Taxi, dieses Mal von Lyft – dem effizienz- und komfortgetriebenen Mitfahrer könnte es nicht egaler sein, welcher Hersteller oder Betreiber hinter der Beförderung steckt. Die Bezahlung klappt dank NFC-Erkennung kontaktlos und bei manchen Anbietern auch noch automatisch per Lastschrift mit den alten Bankkonten. Da Onkel Wilhelm wie viele andere während der Fahrzeit Werbespots auf seinem Smartphone oder auf der Frontscheibe schaut, welche inzwischen ein Mixed Reality-Display ist, liegt der Fahrpreis für die drei Fahrten zum Arzt, Supermarkt und zum Schachfreund in Summe bei unter 10 Euro. Dieses Szenario beinhaltet einen der größten Treiber der autonomen Mobilität: Menschen, die noch nicht (Kinder und Jugendliche) oder nicht mehr (Senioren oder körperlich und geistig Beeinträchtigte) fahren dürfen und somit im Jahr 2018 noch auf den guten Willen motorisierter Verwandter und Bekannter oder auf unflexible ÖPNV-Lösungen setzen müssen.

Zoom in: Wer sind die Treiber der autonomen Fahrzeuge?

Klingt nach Utopie? Aus mehreren sicheren Quellen kann ich sagen, dass dieses Bild nicht utopisch ist, sondern aus den Geschäftsmodell-Abteilungen unterschiedlichster Akteure stammt. Erste Prototypen existieren sogar und werden auf den großen Messen der Welt (z.B. IAA) seit einiger Zeit präsentiert. Auch die Zulieferer wie Bosch machen sich bereit für diese neue Spielrunde und schmieden spannende Allianzen wie mit der Deutschen Telekom oder der hochinnovativen IOTA Foundation. Sehr zum Leidwesen der etablierten OEMs wie Daimler, Volkswagen oder BMW. Und auf der anderen Seite des großen Teichs sitzt Erzrivale der deutschen Ingenieure, Tesla Motors von Elon Musk, Waymo von Alphabet, Uber, GM, Ford … und in Asien Baidu, Yutong, Nissan, Toyota und so viele mehr. CBInsights hat hier die 44 größten Player autonomer Entwicklung zusammengestellt.

Die Herleitung ist kinderleicht. In den industrialisierten Staaten stagniert der Absatz von Pkw oder ist sogar rückläufig. Die Märkte sind gesättigt. Die Hersteller müssen sich etwas neues überlegen, um die Erlösströme nicht versiegen zu lassen. Diesen Umstand kombinieren wir mit der inzwischen verfügbaren Rechenleistung und Rechnergröße von Computern, den Fortschritten in der Entwicklung von Machine Learning et voilà: der Grundstein für eine Kehrtwende des fundamentalen Geschäftsmodells klassischer Autobauer ist gelegt. Angefangen hat das Rennen zum autonomen Fahrzeug mit Elon Musks Ankündigung, mit Tesla die ersten autonomen Fahrzeuge in Serie zu produzieren; aktuell (Mai 2019) dominieren US-amerikanische Firmen, wobei sich chinesische Hersteller anschicken, am Tesla-Thron zu wackeln.

Sie alle gehören nicht unbedingt einer altruistisch motivierten Heilsarmee an. Nein, sie erschließen sich mit den Mitteln der Digitalisierung das wertvollste Gut der Konsumenten: Zeit. Mehrere Millionen Stunden pro Tag sitzen Menschen allein in Deutschland hinterm Steuer. Angenommen, sie würden zwar in einem Fahrzeug sitzen (captive audience), hätten diese Zeit jedoch frei für andere Dinge. Für Werbung. Für Entertainment. Für Entspannung. Für Kaufempfehlungen. Den Konsumenten wird dies als „customer centricity“ verkauft werden; in Wirklichkeit ist es natürlich die Gewinnmaximierung über Zusatzangebote.

Fazit: Autonomes Auto ist nicht gleich Auto

Unser Verständnis von einem Auto beinhaltet die Vorstellung, dass ein Mensch aktiv mittels Bedienung von Lenkrad, Beschleunigung, Bremse etc. den Fahrverlauf beeinflusst. In dem Moment, wenn wir genau das nicht mehr tun, sondern uns lieber zurücklehnen in unserem per App bestellten mobilen Büro, Hotelzimmer oder Robotaxi, handelt es sich nicht mehr um ein Auto. Meine Prognose ist, dass wir in Deutschland spätestens im Jahr 2030 sogar erste großflächige Verbote für von Menschenhand gesteuerte Fahrzeuge erleben werden. Anderswo natürlich schon viel früher, nicht nur das Silicon Valley sind uns ja bekannterweise weit voraus, Dubai natürlich auch, Frankreich möchte europäischer Pionier werden.

Wie dem auch sei. Wir werden diese selbstfahrenden Fahrzeuge nicht mehr Auto nennen, sondern müssen einen neuen Begriff dafür finden. Müssen? Werden. Das ist ein ganz normaler Prozess der menschlichen Evolution. Wie gesagt, sprechen wir ja heute auch nicht von mechanischen Pferden, wenn wir eigentlich Autos meinen… es werden mobile Zweckerfüller sein. Und in einigen Jahrzehnten fragen Ihre Enkel Sie dann: „Wie meinst du das, Oma, du hattest einen Führerschein? Das war erlaubt?!“


Das Zeitalter der Exnovation

Innovation war gestern. Die wenigsten kennen heute den Unterschied zwischen inkrementeller und disruptiver Innovation. Spielt aber auch keine Rolle, denn viel wichtiger ist im 21. Jahrhundert die Fähigkeit zur Exnovation.

Homo sapiens und Innovation

Unsere Spezis, der homo sapiens, hebt sich durch eine essentielle Eigenschaft von anderen Säugetieren ab: mithilfe von immer ausgefeilteren Werkzeugen und Techniken (=Technologie) werden scheinbar unüberwindbare Hürden genommen*. Dazu gehört im weitesten Sinne auch die Sprache und Schrift, ebenso die Nutzung des Feuers, die Erfindung des Rades, des Webstuhls und der Dampfmaschine. Die Geschichte der Innovation ist spannend, turbulent und teils tragisch, aber dazu kommen wir später.

Ein wesentliches Merkmal der Innovation ist, dass durch die Entwicklung neuer Methoden, Werkzeuge oder eben Technologien alte, bis dahin gültige Vorgehensweisen obsolet werden. Soweit, so trivial. Das kann schrittweise (inkrementell) oder schlagartig (disruptiv) passieren. Ein paar Beispiele, um diese Begriffe mit Leben zu füllen:

Beispiele für inkrementelle Innvationen:

Regenschirme wurden aus dem frühen Mittelalter bis in die Zeit der Aufklärung im 18. Jahrhundert nur spärlich verwendet. Passte auch einfach nicht zu der Zeit… jedenfalls entwickelten sich die regenabweisenden Helferlein über die Jahrhunderte bis heute zu wahren Spezialisten weiter – nicht zuletzt angefacht durch den Wettbewerb im aufkommenden Kapitalismus. Die Wikipedia-Liste der Typen von Regenschirmen ist länger als mein 15″ Notebook-Monitor anzeigen kann. Quintessenz: Das Produkt wurde über Jahrhunderte in vielen kleinen Schritten optimiert, um es den Gegebenheiten und dem Kundennutzen anzupassen.
Schreibinstrumente. Wie viele unterschiedliche Kugelschreiber, Füllfederhalter, Bleistifte, Permanentmarker sind heute erhältlich? Zurück geht die Geschichte ins Jahr … weiß niemand so genau. Die Menschen der Steinzeit verwendeten bereits Kreide, Knochen und Kohle, um Botschaften in den Wänden ihrer Behausungen zu verewigen. Innovation ist also älter als homo sapiens, aha! Wie dem auch sei, heute schreiben wir noch immer unsere Gedanken für uns selbst und unsere Nachwelt auf; mit gewöhnlichen Stiften über Luxusausführungen von Montblanc bis zu digitalisierenden Kontaktstiften von Apple oder HP. Inkrementelle Innovation!
Matratzen, Stühle, Brücken… Die meisten allgegenwärtigen Errungenschaften der Menschheit wurden inkrementell entwickelt und über viele Jahrhunderte zum jetzigen Stand optimiert. Das mindert nicht ihren unabdingbaren Wert für unseren Alltag, ist aus jetziger Sicht eindeutig inkrementell. Strohmatten wurden verbessert, Schemel komfortabler gestaltet, vormalige Flussüberquerungen „überbrückt“. Schritt für Schritt.

Beispiele für disruptive Innovationen:

Das Automobil verdrängte zur Jahrhundertwende um 1900 Kutscher, Stallungen und Reitbetriebe vom Markt. Genauso wird es bald klassischen Autobauern, deren Zulieferern für Schaltgetriebe oder Rückspiegel und Führerscheinanbietern gehen. Marktführer werden aus ihrem eigenen Markt verdrängt? Disruptive Innovation!
Digitalkameras verdrängten analoge Modelle vom Markt, weil sie zu vergleichbaren Preisen erhältlich waren und über die klassische Funktion des Festhalten von Momentaufnahmen in der Lage waren, diese Eindrücke beliebig oft zu vervielfältigen. Immer wieder ironisch: Die erste Digitalkamer wurde von einem Mitarbeiter des damaligen Marktführers Kodak entwickelt, aber vom Vorstand abgelehnt – entsprach ja nicht der Produktpalette… wenige Jahre später meldete der Konzern Insolvenz an. Disruption!
CDs verabschiedeten Vinylplatten vom Massenmarkt, DVDs lösten VHS-Kassetten ab, MP3s und Streaming-Plattformen ersetzten in kurzer Zeit sämtliche Datenträger und verlagerten das Geschäft ins Internet. Nur wenige wissen, welche Branche insbesondere das Format für Videoaufnahmen dominiert… schreiben Sie gern einen Kommentar dazu ????
Smartphones läuteten in kürzester Zeit den Niedergang der klassischen (Mobil-)Telefonindustrie ein, in der selbst 2007 – nach Ankündigung des Apple iPhone – noch (retrospektiv) amüsante Leichtigkeit ob der drohenden Innovation herrschte. Nokia als Marktführer verlor in kürzester Zeit den Boden unter den Füßen – disruptive Marktverschiebung.
Prinzipien geklärt? Okay, dann weiter ins 21. Jahrhundert!

Innovation im 21. Jahrhundert

Ich spare mir an dieser Stelle die Auflistung der bahnbrechenden Innovationen des 21. Jahrhunderts. Allerdings möchte ich an einem Beispiel zeigen und punktuell auf Beispiele aus anderen Bereichen verweisen, welche meine These belegen sollen: Für den Großteil der Akteure in Wirtschaft, Wissenschaft und Politik ist das Zeitalter der Innovation vorbei; das Zeitalter der radikalen Exnovation hat begonnen.

Nie zuvor hat die Menschheit in einer vergleichbaren Geschwindigkeit Innovationen entwickelt wie heute. Ich sage in meinen Vorträgen oft: „Heute ist der letzte Tag in Ihrem Leben, an dem die Veränderungsgeschwindigkeit so langsam war.“ Denn dank der Mooreschen und Metcalfeschen Gesetze beschleunigt sich noch ein paar Jahre die Geschwindigkeit der potentiell möglichen Technologieinnovation. Ob wir das nun gut finden oder nicht, Technologie und die Logiken in unserem Wirtschaftssystem treiben unsere Welt. Das führt unweigerlich dazu, dass an manchen Stellen Lösungen oder Produkte erfunden werden, die andere ersetzen.

Ein tragisches Beispiel lässt sich seit ein paar Jahren in einer der wichtigsten Industrien für das deutsche Wirtschaftssystem beobachten: die Automobilindustrie hat viele Jahrzehnte lang davon profitiert, vermeintlicher Vorreiter in der Entwicklung von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren (Ottomotoren mit Benzin oder Dieselantriebe) zu sein. Ungeachtet der globalen Gemengelage haben die großen Konzerne herrlich egozentrisch weiter an ihren Modellen gefeilt, Märkte erschlossen, Margen gesteigert, die Aktionäre glücklich gemacht – auf Kosten der Steuerzahler sowie der Umwelt. Das kriminelle System, welches Emissionswerte der Motoren wissentlich manipuliert hat, flog viel zu spät auf und die Image-Schäden der „systemischen“ Marken fällt verhältnismäßig gering aus. Außerdem: Hauptsache, die Karre schafft auf der Autobahn 250 km/h.

Also machten die Großen weiter wie gewohnt, auch wenn ich aus vertraulichen Gesprächen mit diversen Insidern von Volkswagen, Daimler und BMW weiß, dass die Konzerne auf Panikmodus operieren und eher einem Wespennest als einem wohl sortierten Unternehmen gleichen. Wie dem auch sei: Das althergebrachte Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr. Um das zu erkennen, muss man kein teuer bezahlter McKinsey-Berater im VW-Konzern sein. Längst stehen alle Zeichen auf „Mobilität als Dienstleistung“ (mobility as a service, MaaS) über Absatz von Fahrzeugen, längst werden alternative Antriebe marktreif, längst sind internationale Wettbewerber im Silicon Valley, China oder Israel viel weiter in der Entwicklung autonomer Fahrzeuge. Und doch hängt auch im Jahr 2019 in Deutschland noch jeder dritte Arbeitsplatz mittelbar an der Automobilindustrie inkl. Zulieferer und Peripherie.

Es ist inzwischen eine unausgesprochene Gewissheit, dass die goldene Zeit des Autostandorts Deutschland vorbei ist. Doch was nun? Diese Zäsur der Innovationsgeschichte wird in die Geschichtsbücher eingehen. Stellt sich die Frage, wie mit diesem rosa Elefanten umzugehen ist. Ein inhärentes Merkmal der Innovation ist, dass aufgrund von grundlegenden Innovationen (wie jetzt E-Antriebe, Plattformökonomie und autonome Fahrzeuge) Arbeitsplätze wegfallen. Das traf seinerzeit die Landwirte, dann die Weber, dann die Fernsprechverbinder und so weiter. An dieser Stelle möchte ich ausdrücken, dass jedes einzelne und familiäre Schicksal, das durch Arbeitsplatzverlust geprägt wird, potentiell tragisch ist. Über Verantwortung sprechen wir ein andernmal. Gleichzeitig können wir durch die Eigenheiten des menschlichen Strebens zu immer neuen Innovationen doch auch mal etwas lernen, immerhin haben nicht zuletzt Martin Luther, Johannes Calvin und schließlich Max Weber, der die Idee der Protestantischen Ethik viel später verschriftlichte, schon vor vielen Jahrhunderten gewusst, was technologische Innovationen mit sich bringen.

Exnovation im 21. Jahrhundert

Infolge mehr oder weniger radikaler Innovationen entwickeln (in der Regel) Unternehmen Geschäftsmodelle, die den Kundennutzen auf neue Art und Weise befriedigen (mithilfe wissenschaftlicher Erkenntnisse). Ein Teil der bitteren Wahrheit ist, dass infolgedessen die ehemaligen Anbieter der (nun) überholten Vorgehensweisen Marktanteile einbüßen und dies die Beschäftigungsgrundlage für die Menschen in dem Sektor entzieht. Wechseln wir mal die Perspektive. Die „alten“ Anbieter haben den Zeitgeist verschlafen, weshalb nicht die Innovation an sich, sondern die konservativen Arbeitgeber und manchmal auch die Arbeitnehmervertretungen „Schuld“ sind am Strukturwandel. Hätten sie sich rechtzeitig um nahende Entwicklungen gekümmert und ihr Geschäftsmodell, ihre strategischen Investitionen, ihre Personalpolitik etc. daraufhin justiert, wären sie dem Drama entgangen. Sind sie aber nicht. Also streichen Bayer 4500 Stellen, ThyssenKrupp 6000, die Deutsche Bank über 7000, insgesamt könnten durch die Großbankenfusion von Deutscher Bank und Commerzbank 50.000 Stellen wegfallen. Was viel klingt, ist im Vergleich zur Automobilindustrie mit den tausenden Zuliefererbetrieben eine kleine Nummer. Meiner Ansicht nach ist das fahrlässig.

Nach den 1950er Jahren erlebte Deutschland einen unvergleichlichen Wirtschaftsaufschwung. Der Volkswagen, die billige Atomkraft, wiederkehrende diplomatische Akzeptanz und starke Wirtschaftsbündnisse sind nur einige der Kennzeichen für bislang prosperierenden Reichtum. Über die Jahrzehnte haben die größten Konzerne des Landes dabei offensichtlich eine Tugend des Mittelstandes verlernt. Die besagt, selbst in zufriedenstellenden Zeiten (= bei guter Auftragslage, bei hinreichend vielen Produktinnovationen) auch den Gesamtmarkt nicht aus dem Blick zu verlieren. Dieser hat schon in den späten 00er Jahren klare Signale gesendet, dass das Zeitalter der klassischen Industrien durch globale und digitale Akteure und Plattformen bedroht ist. Das für die Automobilindustrie schmerzliche Stichwort lautet an der Stelle „Tesla“, für Versicherer ist es „check24“, für Notare „Blockchain“ und für Mediziner „Watson“.**

Innovation heißt heute auch Exnovation

Die Gemeinsamkeit all dieser vermeintlich innovativen Unternehmen: Sie haben sich zu sehr auf Innovation versteift. Das geschah sicher nicht ganz ohne Zutun ihrer Beratungsfirmen, die das Augenmerk schon immer auf die Cash Cows gelegt haben und Prozesse strikt dahingehend optimierten, Einsparungen an den wirklich wichtigen Stellen zu rechtfertigen. Innovation ist wichtig und richtig, doch ist es im 21. Jahrhundert umso wichtiger, alte Wahrheiten immer wieder auf den Prüfstand zu stellen.

Innovationen trieben den Status Quo schon immer zum Umdenken und neu handeln. Übersetzt in Unternehmenssprache heißt das Schlagwort also Exnovation: die Fähigkeit, gelernte und bewährte Methoden zu verlernen, abzulegen, neu zu denken. Wir müssen uns damit anfreunden, Werkzeuge, Methoden, Technologien, Produktionsstätten, Arbeitsroutinen und Prozesse zu ersetzen, um im 21. Jahrhundert als Organisation zu überleben. Auch, wenn es erstmal wehtut.

Anmerkungen

* Richtig, andere Spezies verwenden auch Werkzeuge, um Probleme zu bewältigen, und nutzen auch Sprache. Das ist aber nicht Thema dieses Beitrags.

** Dieser Schmerz wäre nebenbei bemerkt nicht so groß, wenn die erwähnten Akteure rechtzeitig schwache Signale (weak signals) ernst genommen hätten. Klar, es gibt unzählbar viele schwache Signale über Technologie- oder Geschäftsmodellinnovationen „da draußen“. Nicht jedes ist seriös. Doch genau das ist ja der Zweck der Zukunftsforschung: Erwartbare, wahrscheinliche und konsistente Bilder der Zukunft zu zeichnen, um die Entscheidungen der Gegenwart zu verbessern.


Omninet: Die Zukunft des Internets der Dinge (IoT)

Sie kennen das Internet der Dinge bzw. (Industrial) Internet of Things und fragen sich, wohin die Reise geht? Fragen wir doch die Zukunftsforschung!

Kurze Geschichte des Internets

In Zeiten der Digitalisierung kommt niemand mehr an Computerthemen vorbei. Aber Moment! Hand aufs Herz: seit wann gibt es diese Digitalisierung eigentlich? Das hängt vom Maßstab ab, den man anlegt.

  • In der breiten Wahrnehmung der westlichen Welt tauchte Digitalisierung erst nach der Jahrtausendwende auf, als sich „dieses Internet„, wie es damals oft noch despektierlich genannt wurde, langsam ausbreitete. Zu dem Zeitpunkt hatten Sie vermutlich schon einen PC zuhause und vielleicht auch schon eine Internetleitung mit mehr als 56k- oder ISDN-Modem. Schon 1994 wurde Amazon gegründet, ab 1995 wurden im Online-Auktionshaus ebay Waren zwischen Privatpersonen gehandelt.
  • Die Kommerzialisierung des Internet begann 1989 und damit fiel nicht nur ein eiserner Vorhang. Plötzlich war es dank dem Domain Name System (DNS) möglich, über Eingabe von www-Adressen und einem Browser – damals wahrscheinlich noch Netscape oder Opera – eine Website aufzurufen, die irgendwo auf der Welt von Pionieren des world wide web erstellt wurde. Zuvor waren schon in den 1960er Jahren globale Verbindungen entstanden; vor allem getrieben durch das Militär, befeuert durch den „Sputnik-Schock“. Die ersten E-Mails wurden in den späten 1970ern versendet.
  • Schon im Jahr 1938 stellte Konrad Zuse den ersten modernen und vor allem digital arbeitenden Computer auf Grundlage von Transistoren fertig. Alle antiken Vorläufer funktionierten rein mechanisch (z.B. Abakus) und haben wenig mit dem Thema dieses Beitrags zu tun.Können wir uns für diesen Artikel darauf einigen, dass Digitalisierung und dessen Grundlagen – digitale Computer und Internet – erstens schon älter sind als gemeinhin anerkannt und zweitens ihr volles Potenzial noch lange nicht ausgespielt haben. Es hat gerade erst angefangen.

Vom Internet zum Internet of Things zum Internet of Everything

Mit den ersten vernetzten Rechnern wurde schnell klar, dass neben dem „Mooreschen Gesetz„, welches die exponentielle Verdopplung der Rechengeschwindigkeit und Speicherkapazität von Computersystemen bei gleichem Preis beschreibt, ein weiterer, mächtiger Mechanismus seine Wirkung entfalten würde. Das „Metcalfesche Gesetz“ besagt, dass in Kommunikationsnetzwerken der Gesamtnutzen proportional zur Anzahl der möglichen Verbindungen steigt, während die Kosten nur proportional zur Anzahl der Teilnehmer steigen. Übertragen auf das Internet hat die Kombination aus beiden Gesetzen rasant dazu geführt, dass immense Werte quasi aus dem Nichts erzeugt wurden allein durch die Vernetzung an sich. Dieser Wert lässt sich schwer quantitativ oder qualitativ bemessen, was nicht zuletzt durch eine „Dotcom“-Spekulationsblase im März 2000 tragisch belegt ist.

Heute nutzen wir alle das Internet ganz selbstverständlich. Wir googeln alles, was wir nicht selbst wissen, schlagen bei Wikipedia anstatt im Lexikon nach, bieten Waren auf Online-Tauschbörsen an, bestellen Bücher, Möbel und Lebensmittel im Internet. Ohne das Internet würden viele Regale in Ihrem Supermarkt anders aussehen, die Kommunikation mit Freunden und Verwandten über Landesgrenzen hinweg wäre schwer oder sehr teuer, und Sie würden erheblich weniger hochwertig produzierte Serien oder Katzenvideos von Hobbyveterinären konsumieren.

Als Folge der Miniaturisierung der Computerchips nutzt ein in Deutschland lebender Mensch 1,6 Handys, 95% der 14- bis 49-Jährigen nutzt ein Smartphone, immer mehr Wearables wie Smartwatches vernetzen die vorhandenen Geräte mit dem digitalen Zwilling der Besitzer, während die Datenströme in die Cloud (also in Rechenzentren irgendwo auf der Erde) führen und einen Mehrwert generieren. In der Industrie sind Anlagen und Geräte miteinander vernetzt, jeder heute verkaufte Neuwagen hat eine Internetverbindung, das Internet der Dinge ist Gegenwart. Hier gilt schon längst das Metcalfesche Gesetz: diejenigen Unternehmen, die die Geräte verkaufen, müssen nicht unbedingt den größten Umsatz machen. Eine Software-Schicht mischt sich sehr erfolgreich in die Erlösströme ein und Entwickler von San Francisco über Berlin und Tel Aviv bis Bangladesh verdienen mit.

Im Schnitt besaß im Jahr 2018 jeder deutsche Haushalt 500 vernetzte Geräte, weltweit sollen es bis 2020 rund 50 Milliarden sein. Der Trend ist ungebrochen: alles, was digitalisiert werden kann, wird digitalisiert werden. Ich weiß nicht, wer diese Feststellung als erstes machte, vermutlich jemand aus dem Silicon Valley. Übersetzt bedeutet dies – für dieses Thema -, dass alle Alltagsgegenstände in den kommenden Jahren mit IP-Adressen und Sendefunktion ausgestattet sein werden, darunter Bekleidung, Hausgeräte, Verpackungsmaterial, Möbel, Körper, innere Organe…

Kurze Zukunft des Internets: Das Omninet

    • Jedes Hörgerät, jeder Herzschrittmacher, jeder smarte Spiegel enthält inzwischen mehr Hightech als die Computer, die die Mondmission errechnet haben. Selbst der Gesundheitsbereich unterliegt natürlich inzwischen der freien Marktlogik – wo ein Angebot existiert, das ein (möglicherweise bis dahin unbekanntes) Bedürfnis befriedigt, kann weltweit die Märkte erobern.
    • Bereits heute tragen über 50.000 Menschen weltweit einen NFC- oder RFID-Chip unter der Haut (t3n 2017), ich bin einer von denen. Heute lassen sich auf den etwa reiskorngroßen Implantaten Daten speichern, beispielsweise die Gesundheitsakte, Links zur Lieblingsmusik oder soziale Profile. Alles, was Sie mit einer Hotelzimmerkarte erledigen, kann der Chip; vorausgesetzt, das Kartenschreibgerät an der Hotelrezeption ist kompatibel damit. Alles, was eine Kreditkarte kann, wenn Sie damit kontaktlos an der Supermarktkasse zahlen, kann der Chip. Aus Insider-Gesprächen weiß ich, dass die großen Kreditkartenfirmen noch zögern, eine nennenswerte deutsche Bank jedoch an der Zulassung eines Banking-Prozesses arbeitet, um den Cyborgs das kontaktlose Bezahlen auch ohne Geldbörse zu ermöglichen.
    • IBM hat 2017 angekündigt, in fünf Jahren das „lab on a chip“ auf den Markt zu bringen. Die Idee: ein Nanochip von der Größe weniger Nanometer wird in die Blutlaufbahn injiziert, um permanent Vital- oder Enzündungswerte des Menschen zu beobachten. Viele tödliche Krankheiten – darunter Brust- und Prostatakrebs – werden leider zu oft zu spät erkannt, da sie im frühen Stadium noch keine Beschwerden verursachen, wenn die Heilungschancen noch bei nahezu 100% liegen.
    • Eine Handvoll Unternehmen entwickelt Kontaktlinsen, die mittels Computerchip nicht nur die Sehkraft auf bis zu 150% steigern, sondern auch virtuelle Informationen wie Navigationsdaten, ein Fußballspiel oder Wikipediaartikel einblenden können. Die Marktreife dieser Linsen, die sich nicht ausschließlich auf Menschen mit Sehschwäche konzentrieren werden, erwarte ich ebenfalls im Jahr 2022.
      In den 2030er Jahren könnten Unternehmen wie Neuralink Minichips für den Einsatz im Gehirn auf den Markt bringen. Der Zweck: Speicherung von Gedanken in einer Cloud, Download von Wissen aus dem Internet, Optimierung der Denkleistung basierend auf KI.… und all diese Geräte sind mit dem Internet verbunden. Willkommen im Omninet, in dem Sie und Ihr digitaler Zwilling eine eigene IP-Adresse haben werden. Im Übrigen wird Ihr digitaler Zwilling eigene Entscheidungen treffen und anhand der Gesetzgebung als elektronische Person selbstständig haftbar dafür sein.

Erklärt mir bitte jemand, warum angesichts dieser revolutionären Fortschritte der vergangenen paar Jahrzehnte noch kein Schulfach Digitalisierung existiert, warum Beschäftigte nicht regelmäßig digital weitergebildet werden, warum es kein ernsthaftes Digitalisierungsministerium gibt und warum immer noch an der alten Wirtschaftslogik festgehalten wird?

Unsortierte Quellen

Wikipedia (2019): Digitalisierung, online: https://de.wikipedia.org/wiki/Digitalisierung, abgerufen am 19.05.2019.

Wikipedia (2019): Geschichte des Computers, online: https://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_des_Computers, abgerufen am 19.05.2019.

Wikipedia (2019): Internet, online: https://de.wikipedia.org/wiki/Internet, abgerufen am 19.05.2019.


Verantwortung: CO2 kompensieren

Willkommen in der moralischen Zone! Lassen Sie uns ein bisschen über Verantwortung philosophieren. Heute: CO2 kompensieren.

Als Homo Sapiens im 21. Jahrhundert tragen wir eine ungeheure Verantwortung für den Fortbestand des Planeten, auf dem wir leben – ob wir das nun wollen oder nicht. Präzise ausgedrückt stimmt das natürlich nicht ganz. Dem Planeten Erde ist es herzlich egal, was auf ihm passiert, er existierte bereits gut 4,6 Milliarden Jahre, bevor die Menschheit in ihrer heutigen Form sich durchsetzte. Doch unsere Spezies bzw. die nachfolgenden Generationen dürften sehr wohl ein Interesse daran haben, darunter also auch Ihre und meine Nachkommen.

Sie sind vermutlich hier gelandet, weil Sie ohnehin gut gebildet sind und sich fragen, was der Gondlach nun über Verantwortung zu sagen hat. Sie wissen, dass der Klimawandel anthropogen induziert ist. Sie wissen, dass CO2 und andere Treibhausgase den Prozess noch beschleunigen und dass eine Reihe von uns lieb gewonnenen Verhaltensweisen für die vermehrte Freisetzung klimaschädlicher Gase sorgen, darunter: motorisierter Individualverkehr, Flugzeugreisen, Kreuzfahrten, konventionelle tierische Landwirtschaft (und damit mittelbar der Konsum von Fleisch, Milch, Eiern und anderen Tierprodukten), … und so weiter. Bei all dem wissen Sie auch insgeheim, dass Sie selbst mehr tun könnten, um dem Klima einen Dienst zu erweisen. Ja, ich auch.

(Nicht nur) Mein Job ist geprägt durch zahlreiche Dienstreisen im Jahr. Nicht immer ist es dabei möglich, auf Reisen per Flugzeug zu verzichten, jedes Mal stehe ich persönlich vor einem Dilemma. Es gibt nur eine Möglichkeit, CO2 in der Atmosphäre umzuwandeln und den Treibhauseffekt eventuell zu verlangsamen: Bäume pflanzen. Mir fehlt leider sowohl Zeit als auch der grüne Daumen, dies selbst zu tun, weshalb ich mich vor einigen Jahren auf die Suche nach einer Alternative gemacht habe. Und ich bin fündig geworden und möchte diesen letzten Ausweg aus dem Klimadilemma jedem ans Herz legen. Inzwischen existieren einige Organisationen, die Ihre Klimasünden durch Aufforstungsprogramme rund um die Welt zumindest ein bisschen wieder gut machen. Googeln Sie mal CO2 kompensieren. Meine Wahl fiel auf Atmosfair.

Aber vergessen Sie dabei bitte nicht, dass natürlich nur die Vermeidung von klimaschädlichen Treibhausgasen das Klima retten kann. Die Kompensation von CO2 allein kann den Klimawandel nicht aufhalten.

Ich möchte mich mitnichten an der Ausstrahlung der wunderbaren Greta Thunberg bedienen, aber ihr TED-Talk passt einfach unheimlich gut zu diesem Beitrag. Auf der Seite wird auch das Transkript (in 29 Sprachen) zur Verfügung gestellt. Teilen erwünscht, handeln empfohlen.

 

Danke für Ihre Aufmerksamkeit! Wenn Sie persönliche Erfahrungen oder Tipps zum Thema haben, scheuen Sie nicht die Kommentarfunktion.


05/2019: Karrieremesse im Süden

Bei der Karrieremesse im Süden durfte ich am 9. Mai 2019 meine Forschung und Gedanken über Zukünfte mit Studierenden und Absolvent*innen aus der Umgebung teilen - hier gibt's den Vortrag in voller Länge.

https://youtu.be/voRNZdTYLLw

09/208: So leben und arbeiten wir in der Zukunft (Bearing Point)

Am 14. September 2018 wurde ich von Bearing Point, einem der weltweit größten Beratungshäuser für Mobilitäts- und Technologiefragen, auf eine große Bühne gebeten. Rund 1500 Zuschauer waren in der Station Berlin dabei, als ich sie auf eine Reise ins Jahr 2030 entführte - natürlich mit einem Fokus auf die wichtigsten Themen ihrer Klienten: Mobilität, Gesundheit und Arbeitswelten.

https://youtu.be/dH6CbptZwSw

Warum ich Dorothee Bär mag … über Flugtaxis und Digitalisierung der Mobilität

Es gibt diese Themen, die man als Zukunftsforscher lieber ausspart. Zu verbraucht sind Prognosen, die nie eintrafen, ein zu hohes Risiko der potenziellen Unglaubwürdigkeit ist damit verbunden. Deshalb analysieren wir wissenschaftlich arbeitenden Zukunftsforscher konkrete, real existierende Treiber statt netter Ideen und möglicher Utopien. Seit ich in der Zukunftsforschung aktiv bin, werden mir immer wieder Fehlschläge der mutmaßlichen Propheten, Visionäre, Träumer humorvoll als Benchmark meiner Thesen entgegengebracht, denn auch in unserer relativ kleinen Branche gibt es schon sowas wie Sippenhaft. Einer der Dauerbrenner: „Wann gibt es endlich Flugautos?“ oder im Politiksprech: Ist die CSU-Staatsministerin für Digitales Dorothee Bär eine haltlose Seherin? Vielleicht, aber die Diskussion hat mehrere Ebenen. Abseits von machtpolitischen und juristischen Aspekten möchte aber ich an dieser Stelle nur auf die beiden wirklich wesentlichen eingehen: Wie realistisch ist die Vision der fliegenden Autos und was hat Digitalisierung damit zu tun?

1. Fliegende Autos werden Realität, sehr bald!

Wie eingangs beschrieben habe ich persönlich das Thema Flugautos immer schon äußerst skeptisch beäugt. Aus unterschiedlichen Gründen (Preis, Regulation, Technik, Reichweite, Finanzierung) reichte es bislang ja auch nicht zum Durchbruch.

Die Liste der aktuellen Projekte und der finanziellen Mittel, die in deren Entwicklung fließen, wird aber immer länger. Ein paar Beispiele:

  • PAL-V (Personal Air- und Land-Vehicle) aus den Niederlanden. Zur Steuerung benötigt der Insasse aktuell noch einen Flugschein, womit das Fluggefährt eher etwas für das Luxussegment bleibt.
  • Das in Deutschland gegründete Starup Lilium möchte schon sehr bald ein elektronisch betriebenes Flugauto auf den Markt bringen und mit einer smarten App auf Abruf zum Taxitarif zur Verfügung stellen. Reichweite: 300 km, Geschwindigkeit: 300 km/h. Tatsächlich gibt es hierzulande noch weitere Projekte, die nur auf die Freigabe des Luftraums warten, die sind aber leider noch nicht spruchreif.
  • Ehang aus China hat ein serienreifes Flugtaxi entwickelt, welches 2017 bereits die ersten Flüge in Dubai durchführte. Noch wird das Flugauto, das eine Person und eine Aktentasche ca. 50 km trägt, vom Boden aus ferngesteuert. In naher Zukunft sollen die fliegenden Taxis jedoch als autonome Drohnen selbstständig Passagiere stressfrei über den Stadtverkehr fliegen.
  • Ein vorerst letzter, mächtiger Akteur dieser unvollständigen Liste ist der Luftfahrtriese Airbus. Im Projekt Vahana wird seit einigen Jahren an einem Flugauto gewerkelt, das im ersten Quartal 2018 seinen Jungfernflug meisterte. Bei einer derartigen finanziellen Rückendeckung fällt es nicht schwer sich vorzustellen, dass der Straßenverkehr schon bald einige Etagen in die Luft verlegt wird.

Angesichts dieser Entwicklungen und der laufenden Bestrebungen, den mittleren Luftraum für die private Luftfahrt sowie Drohnenverkehr zu öffnen, traue ich mich seit einer Weile endlich, ernsthaft über die Implikationen und Auswirkungen von Flugautos nachzudenken. Endlich!

2. Digitalisierung ist nicht gleich Breitbandinternet

Zurück zu Dorothee Bär. Mit ihrer Aussage, dass sie in der laufenden Legislatur die Digitalisierung in Deutschland vorantreiben möchte und auch Flugtaxis auf ihrer Agenda stünden, wurde sie leider in der öffentlichen Diskussion stark kritisiert, um es vorsichtig zu formulieren. Dabei war dieser Moment der erste seit Langem, in dem nicht nur Zukunftsforscher wie ich aufatmeten und ein Ende der chronischen Visionslosigkeit der deutschen Politik herbeisehnten. Denn in Visionen steckt eine unheimliche Macht, die Zukunft zu gestalten: sie mobilisieren Mitstreiter und Financiers, übersetzen Ideen in Pläne und bricht Tabus, die andernfalls gefährlichen Stillstand und Bequemlichkeit zementieren. Dorothee Bär hat als erste deutsche Spitzenpolitikerin öffentlich gezeigt, dass sie den Grundmechanismus der Digitalisierung verstanden hat. Digitalisierung bedeutet nicht nur Breitband und schicke Smartphones, Digitalisierung findet auch ein paar Etagen weiter oben statt. In diesem Fall: in der Luft.

Digitalisierung ist vor allem der Nutzwert, der entsteht, wenn die unsichtbare Datenübertragung sinnvoll Menschen das Leben erleichtert. Dazu gehört neben Katzenvideos auf Youtube, endlosen, frei zugänglichen Wissensdatenbanken wie Wikipedia oder die Diagnose seltener Krankheiten auch der Verkehr und die gesamte Mobilität. Ohne den derzeitigen Stand der Digitalisierung wären Flugtaxis auch heute noch Utopie. Sind sie aber nicht. Denn ohne die technologisch-getriebene Dynamik der Digitalisierung wäre es heute noch nicht möglich, Fahrzeuge aus gängigen Materialien mit Elektromotoren stabil in die Luft zu bringen. Wieder einmal spielen die immer leistungsfähigeren Computerchips eine wichtige Rolle – sowohl im Fahr-/Flugzeug selbst als auch in der Organisation der einzelnen Vehikel sowie bei der Materialforschung. Vielleicht verlassen wir doch bald #neuland und brechen auf in die digitalisierte Ära.

3. Innovationslogik der digitalen Ära

Jules Verne hat nicht als erster sinngemäß gesagt: „Alles, was sich ein Mensch vorstellen kann, wird eines Tages Realität sein.“ Von allein geschieht das jedoch nicht. Kapitalismuskritik hin oder her, das bestehende globale Wirtschaftssystem hat die historische Grundlage dafür gelegt, ideenreiche Menschen mit aussichtsreichen Geschäftsmodellen mit Kapital auszustatten und die Welt zu verändern. Investitionen entscheiden über die Realisierung visionärer Ideen – was trivial klingt, ist in Deutschland noch nicht vollends angekommen. Und das, obwohl viele fähige Innovatoren wie Peter Thiel oder Dirk Ahlborn aus Deutschland in anderen Teilen der Welt ihre Ideen Realität werden lassen. Unser System ist bewusst kontra-innovativ ausgelegt – bzw. kontra-disruptiv, denn inkrementelle Innovation beherrschen wir hier sehr gut.

Doch zu wenige Risikoinvestoren wagen die Bezuschussung riskanter Ideen, im Fall einer Förderung sichern die Summen selten mehr als das erste Jahr. In diesem ersten, so wichtigen Jahr bildet sich in den jungen Startups die Unternehmenskultur heraus … und zack – schon ist die traditionelle deutsche Mentalität des Sparens und Wartens eingepflanzt. Dabei sitzen deutsche Unternehmen und Konzerne auf kumulierten Rücklagen in Billionenhöhe, die nur darauf warten, die Welt zu verändern! Aber „man“ wartet lieber gemächlich ab, optimiert über Jahrzehnte bestehende Prozesse und beschwert sich, dass Bahn und Flug zu spät sind. Anstatt grundlegend andere Lösungen zu suchen! Irgendwie mutet diese Kausalkette schizophren an … und sie führt am Ende in einen Teufelskreis.

Wer A sagt, muss auch B sagen

Liebe Dorothee Bär, wenn Sie es wirklich ernst meinen mit Ihrer Digitalvision, brechen Sie eine Lanze für all die motivierten Gründerinnen und Gründer. Bringen Sie die private Förderlandschaft dazu, mehr Risiko zu wagen und höhere Summen in potenzialträchtige Startups zu investieren. Sonst jammern in zehn Jahren alle, dass die deutschen Mobilitätsunternehmen von China, Silicon Valley und Qatar entmachtet wurden. Rückblickend wird man dann die schmerzhafte Diagnose stellen können, dass wir selbst Schuld daran waren. Dann haben wir endlich wieder einen Grund zum Jammern. Ich wünsche Ihnen und Ihren Mitstreiter*innen viel Erfolg dabei.

Also bitte ich Sie, liebe Öffentlichkeit, liebe Zweifelnde und Fortschrittsgegner, um einen Gefallen: denken Sie gelegentlich in Chancen anstatt in Unmöglichkeiten, denken Sie mal „ja, und!“ anstatt „ja, aber“, stehen Sie aber bitte wenigstens nicht denjenigen im Weg, die ihre Visionen in die Tat umsetzen.


Warum das Bürgerticket bald kommt…

Da sich die Grünen Berlin mittlerweile sehr intensiv mit dem Thema „Bürgerticket“ beschäftigen und dies auch öffentlich kundtun, gab es eine forsa-Umfrage, die vom stern beauftragt wurde. Demnach „befürworten 48 Prozent der Bundesbürger diesen Vorschlag, wenn die Abgabe deutlich billiger wäre als eine Zeitkarte. Etwa genauso viele, nämlich 47 Prozent, lehnen ihn ab.“ (Pressemitteilung zum kostenlosen ÖPNV Gruner+Jahr, Stern). Das sind deutlich mehr Befürworter als ich erwartet hätte. Die oft nicht besonders durchdachten Vorbehalte gegen eine Pauschalgebühr hatten in der medialen Berichterstattung bislang immer Oberhand. Das liegt möglicherweise daran, dass oft sehr selektiv Stimmen zu Wort kommen.

Kostenloser ÖPNV / Bürgerticket in Berlin

Das Konzept vom Bürgerticket der Grünen Berlin sieht vor, dass alle Berliner eine monatliche Mobilitätsgebühr in Höhe von 15 Euro zahlen und dann „kostenlos“ den ÖPNV nutzen können. Ausgenommen davon sind natürlich Kinder, Senioren und sozial Schwache. Um den Verkehr zu Spitzenlastzeiten in den Morgen- und Abendstunden zu regulieren, müssen auch BerlinerInnen in dieser Zeit (stark vergünstigte) Fahrscheine lösen.

So weit klingt das ja ganz gut. Die Schwachstelle kommt noch erst: Touristen bzw. Pendler von außerhalb müssen trotzdem ein Ticket ziehen. Dadurch wird aber der enorme Einspareffekt durch die Abschaffung des Vertriebssystems (Ticketautomaten und deren Wartung, Tickets, Ticketkontrolleure…), was immerhin bei Verkehrsunternehmen bis zu 10% des Umsatzes ausmacht, ignoriert.

Schritt zurück: Vorteile durch mehr ÖPNV

Die ganzen positiven Effekte einer signifikanten Stärkung des ÖPNV bzw. Verlagerung des Individualverkehrs auf den ÖPNV gäbe es vermutlich trotzdem. Diese habe ich (und viele andere) anderswo schon umfassend beschrieben, trotzdem hier noch mal eine kurze Liste:

  • weniger Autos auf den Straßen
  • weniger Stau
  • weniger Schadstoffemissionen
  • weniger Lärm
  • weniger Unfälle (Auto vs. Auto, Auto vs. Radfahrer und Fußgänger)
  • weniger Flächenverbrauch durch Verkehr
  • insgesamt eine positivere Bilanz des Verkehrssektors

…viele weitere Folgeeffekte, wie bspw. verbesserte Pünktlichkeit aller Verkehrsteilnehmer = höhere Produktivität insgesamt; höhere Lebensqualität in Städten; weniger Lärm- und Schadstoff-induzierte Erkrankungen = geringere Kosten für das solidarische Gesundheitssystem; geringere Gesamtkosten des Verkehrssystems, da solidarisch verteilt – nicht zu vergessen die externalisierten Kosten…
Um es auf den Punkt zu bringen: Von dieser Entwicklung hätten alle etwas, also auch Radfahrer und Autofahrer. Kommentare wie „Alle zahlen meine Miete, egal ob sie da wohnen oder nicht.“ (Quelle: Facebook-Seite der Berliner Morgenpost) sind da einfach nicht zielführend.


Internationales Verkehrswesen: Kostenloser ÖPNV

Das Thema meiner Masterarbeit, die ich 2013 für die Deutsche Bahn geschrieben habe, ist nach wie vor aktuell: Für das Heft 3/2014 der Zeitschrift „Internationales Verkehrswesen“ (IV) durfte ich einen Beitrag über mein Herzensthema „Kostenloser ÖPNV“ beisteuern. An dieser Stelle noch mal ein herzliches Dankeschön an die ehemaligen Kollegen der DB für die Unterstützung und Förderung.

Hier gibt’s den ganzen Artikel (mit freundlicher Genehmigung des IV): „Kostenloser ÖPNV: Utopie oder plausible Zukunft?“

Kostenloser ÖPNV = Utopie?!

Mein IV-Beitrag befasst sich in erster Linie mit der Finanzierung und den damit verbundenen Problemen. Im Ergebnis komme ich zu der Einschätzung, dass die meisten Projekte, die im Zusammenhang mit dem kostenlosen ÖPNV realisiert wurden, ungenügend durchdacht waren. Deshalb kann man kostenlosen ÖPNV auch als Utopie betrachten; denn ohne Gesamtkonzept ist jedes Modell zum Scheitern verurteilt.

In den meisten Fällen einer Umsetzung wurden – vor allem aufgrund rechtlicher Restriktionen – schlicht Steuergelder bzw. Haushaltsmittel umgewidmet. Das ging in der Regel eine Weile gut; im belgischen Hasselt, der Pionierstadt des kostenlosen ÖPNV, sogar recht lange (1997-2013). Allerdings gibt es mehrere Faktoren, die gegen eine solche Finanzierung sprechen, der entscheidende ist die Starrheit der Mittel. Das Ende vom Lied: die Städte können die Verkehrsunternehmen nicht mehr unverschuldet bezahlen, das System wird wieder umgestellt und die Verkehrsmittelnutzung schlägt wieder um.

Letztlich darf nicht vergessen werden, dass das kostenlose Angebot von Mobilität höchstwahrscheinlich viel mehr oder weniger unnötigen Verkehr induziert. In allen Städten, die mit Nulltarif-Modellen experimentiert haben, war dies der Fall – sollte aber unbedingt vermieden werden. Dazu müssen intelligente Maßnahmen zeitgleich realisiert werden, die den Fußgänger/innen und Radfahrer/innen angemessene Vorteile bieten, wenn diese weiterhin unmotorisiert unterwegs sind.

Kostenloser ÖPNV = plausible Zukunft!

Allerdings gibt es Modelle, in denen der kostenlose ÖPNV als plausible Zukunft angesehen werden kann. Es ist alles eine Frage des adäquaten Maßnahmen-Mixes aus push-and-pull-Maßnahmen; damit meine ich, dass einerseits viel Geld in den Ausbau der Infrastruktur fließen müsste, um das erwartbare hohe Verkehrsaufkommen schultern zu können. Andererseits gehört zu einem ausgewogenen Konzept aber auch die Maßregelung des mobilisierten Individualverkehrs (MIV).

Eine allgemein verpflichtende Mobilitätsabgabe, wie sie bereits für viele Städte auf dem Papier durchdacht wurde, kann eine Lösung sein. Das Prinzip ist einfach: Alle Bürgerinnen und Bürger zahlen eine ÖPNV-Abgabe analog der Rundfunkgebühr, wovon der Betrieb und Investitionen für den ÖPNV bezahlt werden. Flankiert wird diese Gebühr von steigenden Pkw-Steuereinnahmen und Parkraumgebühren.

In einigen deutschen Städten laufen aktuell Machbarkeitsforschungen, unter anderem befasst sich die Potsdamer Stadtverwaltung auf Beschluss der Stadtverordnetenversammlung mit dem kostenlosen ÖPNV. Ich bin sehr gespannt auf das Ergebnis.


Die Zukunft der Unternehmen

In einem anderthalbjährigen Forschungsprojekt habe ich mich in einem kleinen Team mit der Zukunft der Berliner Unternehmen auseinandergesetzt.

Das Projekt war angegliedert an das zweijährige Forschungsvorhaben des Instituts für Entrepreneurship, Mittelstand und Familienunternehmen (EMF) der Hochschule für Wirtschaft und Recht in Berlin: Innovative Lern- und Kommunikationskonzepte zur Unternehmensnachfolge in Berlin. Eines der Produkte dieses Projekts ist die Website www.nachfolge-in-deutschland.de – dort wird auch der Abschlussbericht kostenlos als pdf veröffentlicht werden, er ist aber auch käuflich erwerbbar. Und ein richtiges Buch ist ja auch viel schöner als ein digitales…

Zukunftsstudie

Unsere Zukunftsstudie befasste sich weniger mit der Kommunikation als mit der Zukunft der Unternehmensnachfolge. Dazu haben wir in einem mehrstufigen Verfahren aus Expertendelphi, Workshops, quantitativer Befragung und schließlich einem Szenarioprozess die Zukunft Berlins beleuchtet.

Ein Ergebnis lautet: die Unternehmenslandschaft unterliegt teils enormen Veränderungsprozessen. Insbesondere der Bereich der Unternehmensnachfolge wird stark vom Wertewandel beeinflusst. Heute ist es alles andere als vorherbestimmt, dass die Kinder von Unternehmern später einmal die Firma übernehmen. Deshalb werden familienexterne Übernahmen in Zukunft weiter zunehmen.

Der demographische Wandel wirkt sich in Berlin anders aus als im Rest Deutschlands. Berlin bleibt auch in Zukunft die Metropole und zieht viele Fachkräfte an. Daher wird der Arbeitsmarkt auch in höher qualifizierten Berufen tendenziell angespannt bleiben.

Wenn Sie Ihre persönliche Kopie des 184-seitigen Berichts erhalten oder in Form eines Vortrags oder Beitrags tiefer eintauchen möchten, schreiben Sie mir einfach eine Mail.

Edition EMF – Band 6
Unternehmensnachfolge in Berlin 2030. Wertewandel und der Einfluss gesellschaftlicher Entwicklungen auf Unternehmensnachfolgen im Jahr 2030 – Ist das klassische Familienunternehmen ein Auslaufmodell?

Projektleitung:
Prof. Dr. Birgit Felden

Zukunftsforscher:
Kai Gondlach, M.A.
Mira Schirrmeister, M.A.
Mischa Stähli, M.A.

Wissenschaftliche Mitarbeit:
Michael Graffius, M.A.
Laura Marwede, M.A.

ISBN 978-3-940989-15-4, 19,90 EUR

Keynote über die Zukunft der Unternehmen anfragen

Selbstverständlich gehört das Thema der "Zukunft der Unternehmen" (inklusive Nachfolge) auch zu meinem Repertoire als Keynote Speaker. Wenn Sie Interesse an einem Vortrag oder auch Beitrag für Ihr Magazin haben, schreiben Sie gern eine Nachricht über folgendes Formular: