Warum ich Dorothee Bär mag … über Flugtaxis und Digitalisierung der Mobilität


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Kai Gondlach

Es gibt diese Themen, die man als Zukunftsforscher lieber ausspart. Zu verbraucht sind Prognosen, die nie eintrafen, ein zu hohes Risiko der potenziellen Unglaubwürdigkeit ist damit verbunden. Deshalb analysieren wir wissenschaftlich arbeitenden Zukunftsforscher konkrete, real existierende Treiber statt netter Ideen und möglicher Utopien. Seit ich in der Zukunftsforschung aktiv bin, werden mir immer wieder Fehlschläge der mutmaßlichen Propheten, Visionäre, Träumer humorvoll als Benchmark meiner Thesen entgegengebracht, denn auch in unserer relativ kleinen Branche gibt es schon sowas wie Sippenhaft. Einer der Dauerbrenner: „Wann gibt es endlich Flugautos?“ oder im Politiksprech: Ist die CSU-Staatsministerin für Digitales Dorothee Bär eine haltlose Seherin? Vielleicht, aber die Diskussion hat mehrere Ebenen. Abseits von machtpolitischen und juristischen Aspekten möchte aber ich an dieser Stelle nur auf die beiden wirklich wesentlichen eingehen: Wie realistisch ist die Vision der fliegenden Autos und was hat Digitalisierung damit zu tun?

1. Fliegende Autos werden Realität, sehr bald!

Wie eingangs beschrieben habe ich persönlich das Thema Flugautos immer schon äußerst skeptisch beäugt. Aus unterschiedlichen Gründen (Preis, Regulation, Technik, Reichweite, Finanzierung) reichte es bislang ja auch nicht zum Durchbruch.

Die Liste der aktuellen Projekte und der finanziellen Mittel, die in deren Entwicklung fließen, wird aber immer länger. Ein paar Beispiele:

  • PAL-V (Personal Air- und Land-Vehicle) aus den Niederlanden. Zur Steuerung benötigt der Insasse aktuell noch einen Flugschein, womit das Fluggefährt eher etwas für das Luxussegment bleibt.
  • Das in Deutschland gegründete Starup Lilium möchte schon sehr bald ein elektronisch betriebenes Flugauto auf den Markt bringen und mit einer smarten App auf Abruf zum Taxitarif zur Verfügung stellen. Reichweite: 300 km, Geschwindigkeit: 300 km/h. Tatsächlich gibt es hierzulande noch weitere Projekte, die nur auf die Freigabe des Luftraums warten, die sind aber leider noch nicht spruchreif.
  • Ehang aus China hat ein serienreifes Flugtaxi entwickelt, welches 2017 bereits die ersten Flüge in Dubai durchführte. Noch wird das Flugauto, das eine Person und eine Aktentasche ca. 50 km trägt, vom Boden aus ferngesteuert. In naher Zukunft sollen die fliegenden Taxis jedoch als autonome Drohnen selbstständig Passagiere stressfrei über den Stadtverkehr fliegen.
  • Ein vorerst letzter, mächtiger Akteur dieser unvollständigen Liste ist der Luftfahrtriese Airbus. Im Projekt Vahana wird seit einigen Jahren an einem Flugauto gewerkelt, das im ersten Quartal 2018 seinen Jungfernflug meisterte. Bei einer derartigen finanziellen Rückendeckung fällt es nicht schwer sich vorzustellen, dass der Straßenverkehr schon bald einige Etagen in die Luft verlegt wird.

Angesichts dieser Entwicklungen und der laufenden Bestrebungen, den mittleren Luftraum für die private Luftfahrt sowie Drohnenverkehr zu öffnen, traue ich mich seit einer Weile endlich, ernsthaft über die Implikationen und Auswirkungen von Flugautos nachzudenken. Endlich!

2. Digitalisierung ist nicht gleich Breitbandinternet

Zurück zu Dorothee Bär. Mit ihrer Aussage, dass sie in der laufenden Legislatur die Digitalisierung in Deutschland vorantreiben möchte und auch Flugtaxis auf ihrer Agenda stünden, wurde sie leider in der öffentlichen Diskussion stark kritisiert, um es vorsichtig zu formulieren. Dabei war dieser Moment der erste seit Langem, in dem nicht nur Zukunftsforscher wie ich aufatmeten und ein Ende der chronischen Visionslosigkeit der deutschen Politik herbeisehnten. Denn in Visionen steckt eine unheimliche Macht, die Zukunft zu gestalten: sie mobilisieren Mitstreiter und Financiers, übersetzen Ideen in Pläne und bricht Tabus, die andernfalls gefährlichen Stillstand und Bequemlichkeit zementieren. Dorothee Bär hat als erste deutsche Spitzenpolitikerin öffentlich gezeigt, dass sie den Grundmechanismus der Digitalisierung verstanden hat. Digitalisierung bedeutet nicht nur Breitband und schicke Smartphones, Digitalisierung findet auch ein paar Etagen weiter oben statt. In diesem Fall: in der Luft.

Digitalisierung ist vor allem der Nutzwert, der entsteht, wenn die unsichtbare Datenübertragung sinnvoll Menschen das Leben erleichtert. Dazu gehört neben Katzenvideos auf Youtube, endlosen, frei zugänglichen Wissensdatenbanken wie Wikipedia oder die Diagnose seltener Krankheiten auch der Verkehr und die gesamte Mobilität. Ohne den derzeitigen Stand der Digitalisierung wären Flugtaxis auch heute noch Utopie. Sind sie aber nicht. Denn ohne die technologisch-getriebene Dynamik der Digitalisierung wäre es heute noch nicht möglich, Fahrzeuge aus gängigen Materialien mit Elektromotoren stabil in die Luft zu bringen. Wieder einmal spielen die immer leistungsfähigeren Computerchips eine wichtige Rolle – sowohl im Fahr-/Flugzeug selbst als auch in der Organisation der einzelnen Vehikel sowie bei der Materialforschung. Vielleicht verlassen wir doch bald #neuland und brechen auf in die digitalisierte Ära.

3. Innovationslogik der digitalen Ära

Jules Verne hat nicht als erster sinngemäß gesagt: „Alles, was sich ein Mensch vorstellen kann, wird eines Tages Realität sein.“ Von allein geschieht das jedoch nicht. Kapitalismuskritik hin oder her, das bestehende globale Wirtschaftssystem hat die historische Grundlage dafür gelegt, ideenreiche Menschen mit aussichtsreichen Geschäftsmodellen mit Kapital auszustatten und die Welt zu verändern. Investitionen entscheiden über die Realisierung visionärer Ideen – was trivial klingt, ist in Deutschland noch nicht vollends angekommen. Und das, obwohl viele fähige Innovatoren wie Peter Thiel oder Dirk Ahlborn aus Deutschland in anderen Teilen der Welt ihre Ideen Realität werden lassen. Unser System ist bewusst kontra-innovativ ausgelegt – bzw. kontra-disruptiv, denn inkrementelle Innovation beherrschen wir hier sehr gut.

Doch zu wenige Risikoinvestoren wagen die Bezuschussung riskanter Ideen, im Fall einer Förderung sichern die Summen selten mehr als das erste Jahr. In diesem ersten, so wichtigen Jahr bildet sich in den jungen Startups die Unternehmenskultur heraus … und zack – schon ist die traditionelle deutsche Mentalität des Sparens und Wartens eingepflanzt. Dabei sitzen deutsche Unternehmen und Konzerne auf kumulierten Rücklagen in Billionenhöhe, die nur darauf warten, die Welt zu verändern! Aber „man“ wartet lieber gemächlich ab, optimiert über Jahrzehnte bestehende Prozesse und beschwert sich, dass Bahn und Flug zu spät sind. Anstatt grundlegend andere Lösungen zu suchen! Irgendwie mutet diese Kausalkette schizophren an … und sie führt am Ende in einen Teufelskreis.

Wer A sagt, muss auch B sagen

Liebe Dorothee Bär, wenn Sie es wirklich ernst meinen mit Ihrer Digitalvision, brechen Sie eine Lanze für all die motivierten Gründerinnen und Gründer. Bringen Sie die private Förderlandschaft dazu, mehr Risiko zu wagen und höhere Summen in potenzialträchtige Startups zu investieren. Sonst jammern in zehn Jahren alle, dass die deutschen Mobilitätsunternehmen von China, Silicon Valley und Qatar entmachtet wurden. Rückblickend wird man dann die schmerzhafte Diagnose stellen können, dass wir selbst Schuld daran waren. Dann haben wir endlich wieder einen Grund zum Jammern. Ich wünsche Ihnen und Ihren Mitstreiter*innen viel Erfolg dabei.

Also bitte ich Sie, liebe Öffentlichkeit, liebe Zweifelnde und Fortschrittsgegner, um einen Gefallen: denken Sie gelegentlich in Chancen anstatt in Unmöglichkeiten, denken Sie mal „ja, und!“ anstatt „ja, aber“, stehen Sie aber bitte wenigstens nicht denjenigen im Weg, die ihre Visionen in die Tat umsetzen.

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