Make, Buy oder Partner? Wie Sie eigene KI-Produkte bauen.
25/11/2025KI Produkte,Siemens Copilot,ROI KI,Make or Buy KI,KI Partnerschaften,Mittelstand KI Strategie,KI-EntwicklungArtikel
Selbst entwickeln, einkaufen oder kooperieren? Mittelständische Unternehmen stehen bei KI-Projekten vor der entscheidenden Frage: Make, Buy oder Partner? Baue ich eine KI-Lösung inhouse auf, kaufe ich eine fertige Software ein oder spanne ich einen Partner (z. B. ein Start-up oder Konsortialprojekt) ein? Diese Weichenstellung ist komplex – und bei KI sogar schwieriger als bei klassischer Software, wie wir in „KI jetzt!“ betonen: „Diese ‚Make, buy or partner‘-Entscheidung wird beim KI-Produkt leider deutlich komplizierter.“ (KI jetzt!, S. 98).
In diesem Beitrag führen wir durch die Entscheidungsfindung. Welche Kriterien sollten den Business Case KI leiten? Wie kalkuliert man den ROI eines KI-Projekts realistisch? Und welche Vor- und Nachteile haben Eigenentwicklung, Zukauf oder Partnerschaft konkret? Sie erhalten Checklisten (angelehnt an „KI jetzt!“ S. 99) und erfahren aktuelle Beispiele – etwa Siemens Industrial Copilot (eine KI-Co-Creation mit Microsoft) und Erkenntnisse aus einer McKinsey-Studie, warum viele KI-Investitionen noch keine großen Renditen abwerfen. Am Ende wissen Sie, wie Sie Ihre KI-Produktstrategie fundiert aufsetzen: selbst bauen – aber richtig, oder eben bewusst zukaufen oder kooperieren.
Make, Buy oder Partner – warum ist die Entscheidung bei KI so schwierig?
In der klassischen IT ist der Entscheidungsprozess oftmals klarer: Standardsoftware (z. B. ERP aus Walldorf) kaufen viele Mittelständler lieber ein, statt eigene Lösungen zu programmieren – zu teuer und langwierig wäre die Eigenentwicklung. Bei KI jedoch greift diese Logik zu kurz:
- KI ist neu und wandelbar: Viele KI-Produkte – speziell generative KI – sind noch jung und entwickeln sich rasant weiter. Was heute am Markt erhältlich ist, kann in wenigen Monaten überholt sein. Standard-KI-Lösungen großer Anbieter wirken manchmal unausgereift oder erfüllen den spezifischen Zweck nicht vollständig. Für spezielle Anforderungen gibt es oft (noch) keine passgenaue Kaufsoftware.
- Individualität vs. Skaleneffekt: KI-Anwendungen, die direkt Ihren kritischen Geschäftsprozessen dienen (z. B. eine KI, die Ihre firmenspezifischen Produktionsdaten auswertet), müssen maßgeschneidert sein, um echten Mehrwert zu liefern. „Individuelle KI-Lösungen [sind] fast unumgänglich“ für solche Kernprozesse, heißt es in "KI jetzt!" (S. 98). Ein zugekauftes generisches Tool deckt womöglich nur 60% Ihrer Anforderungen ab – der Rest müsste angepasst werden. Hier kann Make sinnvoller sein. Andererseits: Nicht jede KI-Anwendung ist so einzigartig. Generische Use Cases (wie Sprachassistenz für E-Mails) werden rasch als Features in Standardsoftware integriert. Diese selbst zu entwickeln lohnt kaum.
- Neue Make-Optionen durch Open Source: Im KI-Bereich existiert eine starke Open-Source-Community. Das bedeutet, ein Mittelständler kann heute auf offene KI-Modelle zugreifen und sie mit eigenem Know-how feinjustieren, ohne bei null anzufangen. Dadurch wird Eigenbau attraktiver, denn man muss kein komplettes Modell mehr selbst entwickeln, sondern nur anpassen (Feintraining, „Small Models“ für spezielle Aufgaben etc.). „Hier lohnt sich auch ein Blick in die Open-Source-Welt!“ erinnert eine Checkliste in KI jetzt! (S. 99) – ein Hinweis, dass „Buy“ manchmal durch „Use Open Source & Make“ ersetzt werden kann.
- Fachkräfte und Kosten: KI selber bauen erfordert Talent – Data Scientists, ML-Engineers – die rar und teuer sind. Buy umgeht das zunächst, aber: Gekaufte Lösungen erfordern trotzdem internes Know-how für Integration und Betrieb. Fehlt KI-Kompetenz im Haus, ist auch der Einsatz eines Einkaufs-Produkts riskant (niemand kann es richtig beurteilen). Partnerschaften wiederum können Know-how-Sharing bringen, aber hier muss man Gewinne teilen und Kompromisse eingehen.
Zusammengefasst ist die Make-Buy-Entscheidung bei KI eine strategische Abwägung zwischen Unabhängigkeit und Einmalaufwand (Make), Schnelligkeit und geringerem Entwicklungsaufwand (Buy) und Risikoteilung und Synergien (Partner). Und sie hängt stark vom Einzelfall ab.
Checkliste: Make, Buy oder Partner – die Schlüsselfragen
Anstatt aus dem Bauch zu entscheiden, sollten Sie systematisch Kriterien prüfen. Bauen wir auf der Checkliste von "KI jetzt!" auf und erläutern die wichtigsten Entscheidungsfaktoren:
- Skaleneffekt: Haben wir durch das KI-Produkt einen Skaleneffekt? (ja = eher selbst machen; nein = zukaufen; kaum = im Netzwerk entwickeln) – Diese Frage aus KI jetzt! (S. 99) zielt darauf ab: Wenn Ihre KI-Lösung einen Wettbewerbsvorteil bietet, der mit steigender Nutzung wächst (Skaleneffekt), dann lohnt sich die Investition in Eigenentwicklung eher. Beispiel: Ein KI-Produkt, das Sie später auch an Kunden verkaufen können (neues Geschäftsmodell), würde Ihnen Lizenzeinnahmen bringen – hier kann Make sinnvoll sein, um Eigentümer der Lösung zu sein. Kein Skaleneffekt heißt: es ist ein interner Use Case ohne weiteres Umsatzpotenzial – dann lieber auf bestehende Lösungen setzen.
- Wirtschaftlichkeit & ROI: Wann rentiert sich die Investitionen? Erstellen Sie einen Business Case. Eigenentwicklung verursacht hohe Anfangskosten (Personal, Infrastruktur, Entwicklungszeit) und laufende Kosten (Wartung, Strom für GPU-Server etc.). Demgegenüber stehen erwartete Einsparungen oder Zusatzgewinne. Zukauf hat meist kalkulierbare laufende Kosten (Lizenzen/Abos), aber eventuell weniger individuell erzielbaren Nutzen. McKinsey fand heraus, dass zwar ~80% der Unternehmen mittlerweile KI einsetzen, aber ähnlich viele noch keinen signifikanten finanziellen Nutzen daraus ziehen [1]. Dieses „GenAI-Paradoxon“ zeigt: Man darf den ROI nicht überschätzen. Planen Sie konservativ: Rechnet sich Ihre KI-Lösung auch im Worst-Case (doppelte Entwicklungszeit, halber Nutzen)? Wenn nein, lieber kleiner starten oder zukaufen.
- Kapital und Förderung: Haben wir das Investitionskapital? Gibt es Fördermittel oder Venture Capital? (KI jetzt!, S. 99) – Im Mittelstand ist Budget begrenzt. Prüfen Sie öffentliche Förderprogramme für KI (Bund/Länder bieten Zuschüsse). Falls Sie ein KI-Produkt mit Marktpotenzial entwickeln, ziehen Sie auch Partnerschaften in Betracht, um Kosten zu teilen. Beispiel: Mehrere Firmen einer Branche (z. B. in einer Innung) tun sich zusammen, um gemeinsam eine KI-Lösung entwickeln zu lassen – so teilen sich Aufwand und Risiko. Dieser Partner-Weg vermindert individuelle Kosten, aber man gibt auch Kontrolle ab.
- Effizienz- oder Erlössteigerung: Steigert es die Effizienz oder erhöht es die Erlöse? – Ist der primäre Nutzen Kostensenkung (Effizienz) oder Umsatzwachstum (neues Produkt)? Effizienz-KI (z. B. Prozessoptimierung) lässt sich intern nach Implementierung sofort nutzen – falls Standardsoftware das kann, ist Buy oft ausreichend. KI für neue Erlöse (z. B. ein KI-basiertes Kundenfeature) kann zum Wettbewerbsvorteil werden – hier ist Make oder Partner mit Start-up ggf. besser, um etwas Einzigartiges zu schaffen.
- Verfügbarkeit von Fachkräften: Haben wir die Fachkräfte dafür? Welche brauchen wir perspektivisch? Ehrliche Bestandsaufnahme: Gibt es in Ihrem Team genug KI-Know-how? Ein Eigenbau ist ohne erfahrene ML-Entwickler riskant; schlechte Modelle oder endlose Experimente drohen. Können Sie die nötigen Talente einstellen oder weiterbilden? Wenn nein, spricht das für Buy oder Partner, um externes Know-how einzubinden. Überlegen Sie langfristig. KI ist kein einmaliges Projekt – es wird Kerntechnologie. Ein gewisser interner Aufbau von KI-Kompetenzen ist strategisch ratsam, selbst wenn Sie zukaufen (um externe Lösungen bewerten und anpassen zu können).
- Rechtliche und regulatorische Vorgaben: Dürfen wir das überhaupt? (Gesetze, Datenschutz, EU AI Act, Betriebsrat, Gewerkschaft) – Dieser Punkt der Checkliste (KI jetzt!, S. 99) mahnt, die Compliance nicht zu vergessen. Beispielsweise: Wenn Sie sensible Gesundheitsdaten nutzen, gelten strenge Datenschutzregeln – eine Eigenentwicklung erfordert, dass Sie entsprechende Sicherheitsmaßnahmen einbauen (Verschlüsselung, Anonymisierung). Vielleicht hat ein großer Softwareanbieter hier schon zertifizierte Lösungen – dann ist Buy im Vorteil (Vermeidung von Haftungsrisiken). Auch interne Regularien (Betriebsrat bei Überwachung durch KI etc.) sind hier relevant. Hier zeigt sich: Make bedeutet auch, Verantwortung für ethische und rechtliche Aspekte voll zu tragen. Bei Buy können Sie Verantwortung teilweise an den Anbieter delegieren (aber auch der bleibt nicht 100% haftbar für Ihr Tun).
- Existiert schon eine (Basis-)Lösung? Sind wir sicher, dass noch niemand eine geeignete Basislösung entwickelt hat, die wir anpassen können? (Hier lohnt sich ein Blick in die Open-Source-Welt!). Diese Frage ist entscheidend. Nicht jede KI-Idee ist neu. Vielleicht gibt es auf GitHub ein Open-Source-Modell oder eine Library, die 80% Ihres Problems löst. Beispiele: Für Sprach-KI gibt es vortrainierte Modelle (z. B. GPT-3/GPT-4 via API, oder Open-Source wie Llama 3.1). Für Bilderkennung existieren vortrainierte CNNs. Anstatt bei Null anzufangen, können Sie prüfen: Können wir eine vorhandene Lösung lizenzieren oder open-source nutzen und mit Anpassungen ans Ziel kommen? Das wäre quasi ein Mittelweg: Buy (bzw. Free) und Makekombinieren. Viele erfolgreiche KI-Produkte basieren auf solchen Pretrained Models, die mit eigenen Daten feinjustiert werden – das spart Zeit und Kosten enorm.
Diese Checkliste soll deutlich machen: Es gibt keine pauschale Antwort. Jedes Kriterium hat Gewicht. Oft ergibt sich aber ein Trend. Zum Beispiel:
- Wenn der Skaleneffekt hoch ist, ROI vielversprechend, Know-how vorhanden – dann Make (Eigenentwicklung) bevorzugen, um Eigentum am wertschöpfenden KI-Produkt zu sichern.
- Wenn schneller Effizienzgewinn benötigt, Markt bietet Lösungen, interne KI-Kenntnisse gering – dann eher Buy (Einkauf bestehender KI-Software oder Nutzung von KI-APIs).
- Wenn Idee gut, aber Ressourcen knapp und Risiken hoch – dann Partner: Kooperationsprojekt, Joint Venture oder Entwicklung mit Technologie-Partner, um Last und Nutzen zu teilen.
Praxisbeispiel 1: Siemens Industrial Copilot – KI-Partnerschaft mit Tech-Riese
Ein praktisches Beispiel für den Partner-Ansatz liefert Siemens. Der deutsche Industriekonzern hat 2024 gemeinsam mit Microsoft den Siemens Industrial Copilot vorgestellt [2]. Dabei handelt es sich um einen generativen KI-Assistenten für die Industrie, der Ingenieuren hilft, Automatisierungscode zu erstellen und zu optimieren. Siemens bringt hier seine Domänenexpertise (z. B. im Anlagenbau) ein, Microsoft die Cloud-und KI-Plattform (Azure, OpenAI Services).
Diese Kooperation zeigt: Statt alles selbst zu entwickeln, hat Siemens erkannt, dass eine Partnerschaft schneller zum Ziel führt. Der Industrial Copilot nutzt die generative KI von Microsoft (ähnlich GPT-4) und verbindet sie mit Siemens spezifischem Know-how in Automatisierungssoftware (TIA Portal). Ergebnis: Nutzer können in ihrer Sprache komplizierten SPS-Code generieren und debuggen lassen, was Entwicklungszeit spart.
Siemens hätte so einen generativen KI-Service allein kaum in gleicher Zeit stemmen können – schließlich sind die großen Sprachmodelle extrem aufwendig (OpenAI’s GPT-3 hatte 175 Mrd. Parameter, Training kostete Millionen). Durch die Allianz erhielt Siemens Zugang zu einem leistungsfähigen KI-Modell und konnte sich auf die Integration ins eigene Produkt konzentrieren. Gleichzeitig profitiert Microsoft vom Industrie-Know-how und einer Referenz im wichtigen B2B-Sektor.
Erkenntnis: Partnering mit einem Tech-Riesen kann sinnvoll sein, wenn man selbst nicht alle Bausteine hat. Allerdings braucht es Augenhöhe: Vertragsgestaltung und Datenschutz sind kritisch (gerade deutsche Unternehmen achten darauf, dass ihre Daten in so einer Partnerschaft geschützt bleiben). Im Fall Siemens/Microsoft wird der Industrial Copilot über Azure angeboten – Vertrauen ist hier essenziell. Siemens spricht von „industrietauglichen Standards“ und betont, dass der Copilot über die gesamte Wertschöpfungskette hilft [3]. Für Mittelständler könnte analog eine Partnerschaft mit spezialisierten KI-Dienstleistern oder Forschungsinstituten ratsam sein, um state-of-the-art KI zu nutzen, ohne alles allein aufzubauen.
Praxisbeispiel 2: KI selbst entwickeln – die Tücken des „Make“
Stellen wir uns ein mittelständisches Unternehmen vor, das eine KI-gestützte Prognosesoftware für seinen Vertrieb entwickeln will – um Absatzmengen besser vorherzusagen. Der Geschäftsführer entscheidet: „Das machen wir selbst!“ Er stellt zwei Data Scientists ein, kauft Hardware – und nach einem Jahr gibt es einen Prototyp. Doch im Echtbetrieb liefert das Modell nur marginal bessere Prognosen als die bisherige manuelle Planung. Woran kann es liegen?
Typische Stolpersteine bei Make:
- Daten, Daten, Daten: Ohne umfangreiche, hochwertige Daten hilft der beste Data Scientist nichts. Vielleicht waren historische Vertriebsdaten unvollständig oder zu wenige. Die Autoren warnen: Ohne qualitativ hochwertige Daten bleibt jede KI blind. Unser Beispielunternehmen hätte ggf. zuerst eine saubere Datenbasis schaffen müssen, bevor KI Sinn ergibt. Alternativ hätte eine zugekaufte Lösung auf Branchen-Benchmarks zurückgreifen können.
- Produktdenken vs. Projektdenken: Ein KI-Produkt ist nie „fertig“. Oft fehlt Unternehmen die Erfahrung im Software-Produktmanagement. Im Beispiel könnte man früh bemerken, dass das Modell öfter falsch liegt, weil externe Faktoren (Wetter, Konkurrenzaktionen) fehlen. Das KI-Team bräuchte also permanentes Feedback vom Vertrieb (domänenspezifisches Wissen) – doch die interne Kommunikation hakt. Ein externer Anbieter hätte vielleicht ein ausgereifteres Produkt gehabt, weil er das Feedback vieler Kunden bündelt.
- Kostenexplosion: Eigenentwicklungen dauern oft länger als geplant. Im Beispiel wollen die Data Scientists vielleicht noch komplexere Modelle ausprobieren – die Entwicklungszeit verdoppelt sich. Der ROI verschiebt sich nach hinten. Viele KI-Projekte bleiben hinter den Erwartungen zurück, nicht zuletzt, weil Business Value und Machbarkeit anfangs falsch eingeschätzt wurden. Ein Zukauf hätte zwar Lizenzkosten verursacht, aber vielleicht ab dem ersten Monat Nutzen gebracht.
- Talentrückgang: Was, wenn einer der beiden Data Scientists kündigt? Plötzlich steht das Unternehmen da – kein anderer kennt den Code. Diese Single-Point-of-Failure-Risiken sind real. Eigenentwicklung erfordert auch, ein Team längerfristig zu halten und weiterzubilden.
Natürlich kann Make gelingen – viele Mittelständler haben erstaunliche KI-Tools selbst gebaut, gerade wenn sie Nischen-Know-how besitzen. Der Schlüssel ist, realistisch zu planen: Haben wir genug Daten? Können wir notfalls extern beraten lassen? Planen wir Iterationen ein (statt perfektes Endprodukt sofort)? Und: Was ist Plan B, falls unser Weg nicht funktioniert? – Den haben die Wenigsten. Ein Exit-Kriterium (z. B. „wenn nach 1 Jahr kein brauchbares Ergebnis, dann Wechsel zu Buy“) ist sinnvoll.
Praxisbeispiel 3: Mischform – Zukauf und Feintuning
Ein alternativer Ansatz, der in der Praxis oft erfolgreich ist: Erst kaufen, dann anpassen. Beispiel: Ein Unternehmen will eine KI zur Bilderkennung in der Qualitätssicherung einsetzen (Fehlererkennung auf Produktfotos). Statt von Grund auf zu starten, lizenziert man eine bestehende KI-Software (oder nutzt einen Cloud-Service). Diese Lösung funktioniert „out of the box“ vielleicht zu 80%. Die restlichen 20% verbessert man, indem man das Modell mit eigenen Bildern weitertrainiert (Transfer Learning) und die Software über APIs in die eigenen Prozesse integriert.
So hat man eine Art Hybrid: Teile sind zugekauft (man spart Entwicklungszeit), aber der Feinschliff erfolgt intern – was unternehmensspezifisches Know-how einbringt. Viele Cloud-Anbieter ermöglichen inzwischen Custom AI: z. B. bietet OpenAI die Möglichkeit, GPT-Modelle auf eigene Daten zu feintunen (gegen Gebühr), oder Google Vertex AI hat vortrainierte Vision-Modelle, die man mit eigenem Bildmaterial veredeln kann. Der Vorteil: Sie müssen kein eigenes KI-Modell „erfinden“, sondern nur noch Ihr Fachwissen einspeisen. So entstehen „Small Models“ – kleine spezialisierter KI-Modelle – mit relativ überschaubarem Aufwand, die genau Ihre Anforderungen treffen.
Diese Mischform beantwortet Make vs. Buy mit „Both“. Wichtig ist hier, auf offene Schnittstellen und Rechte zu achten: Können Sie das zugekaufte Modell wirklich modifizieren? Dürfen Sie die Ergebnisse uneingeschränkt nutzen? Cloud-Anbieter haben teils Einschränkungen (z. B. dürfen KI-Modelle nicht für bestimmte sensible Anwendungen genutzt werden). Prüfen Sie das vertraglich.
Die Make-Buy-Entscheidung strategisch verankern
Unsere Beispiele zeigen: Ob Make, Buy oder Partner – es gibt kein Patentrezept. Umso wichtiger ist, diese Entscheidung systematisch und nicht fallweise zufällig zu treffen. In Ihrem Unternehmen sollte es einen klaren Prozess dafür geben, idealerweise im Rahmen Ihrer KI-Strategie oder Innovationssteuerung:
- Bedarf identifizieren: Fachabteilung meldet Bedürfnis (Problem, das KI lösen könnte).
- Machbarkeits-Check: KI-Experten prüfen, ob grundsätzlich KI geeignet ist („KI oder nicht KI?“ – manchmal lässt sich ein Problem auch ohne KI lösen, siehe KI jetzt!, S. 97).
- Marktsichtung: Gibt es bestehende Lösungen? Kurzanalyse von verfügbaren Tools, Open-Source-Modellen etc.
- Make-Buy-Workshop: Relevant Stakeholder (Fachbereich, IT, evtl. Einkauf, Datenschutz) bewerten anhand der oben genannten Kriterien (Skaleneffekt, ROI, Know-how, etc.). Auch Risiken bewerten: Ein Risiko z. B. bei Buy könnte Abhängigkeit von einem Anbieter sein (-> Lock-in), bei Make das Technologierisiko, bei Partner das Teilen von sensiblen Daten.
- Entscheidungsvorlage: Management trifft auf Basis dieser Analyse die Entscheidung. Dokumentieren Sie die Gründe für Nachvollziehbarkeit.
- Umsetzung: Bei Buy – Lieferantenauswahl und Pilot mit externer Lösung. Bei Make – Ressourcen planen (Team, Infrastruktur, evtl. externe Unterstützung). Bei Partner – MoU oder Vertrag schließen, Projektstruktur definieren.
Bleiben Sie flexibel! Die KI-Welt ändert sich schnell. Was heute noch nicht am Markt ist, kann in einem Jahr kaufbar sein. „Wer jetzt denkt: ‚Ach, gut, dann warten wir ein paar Jahre ab‘, irrt.“ (KI jetzt!, S. 119). Zu warten und nichts zu tun, wäre die schlechteste Option. Aber genauso kann blinder Aktionismus schaden. Fahren Sie mehrgleisig: Kleine Experimente selbst machen, parallel den Markt beobachten. So bleiben Sie handlungsfähig.
Fazit: Den richtigen Weg finden
Die Entscheidung Make, Buy oder Partner für KI-Produkte ist im Mittelstand eine der strategisch wichtigsten Weichen auf dem Weg zur KI-getriebenen Organisation. Sie hängt ab von Ihren Zielen, Ihren Fähigkeiten und dem Umfeld. Gehen Sie die Entscheidung strukturiert an und scheuen Sie sich nicht, auch einmal den Kurs zu wechseln, falls sich Annahmen ändern.
Nutzen Sie die aktuelle Dynamik: Partnerschaften sind en vogue (siehe Siemens), Open-Source-Modelle geben Ihnen Starthilfe beim selbst bauen, und Technologieriesen bieten KI-Dienste, die Sie integrieren können. Vielleicht lautet Ihre Devise: Erst einmal Buy/Partner, um KI-Erfahrung zu sammeln, und mittel- bis langfristig Make, wenn Sie genügend Expertise aufgebaut haben.
Egal wie Sie sich entscheiden – wichtig ist, dass Sie entscheiden und ins Handeln kommen. Denn Nichtstun wäre die einzige falsche Option. Der Mittelstand hat alle Chancen, KI innovativ zu nutzen. Treffen Sie klug die Make-Buy-Partner-Wahl und legen Sie los: Ihr KI-Produkt der Zukunft wartet!
Neugierig auf weitere Tipps und konkrete Fallbeispiele? Im Buch „KI jetzt!“ von Kai Gondlach und Mark Brinkmann finden Sie tiefgehende Einblicke in erfolgreiche KI-Projekte, Entscheidungsgrundlagen und praktische Checklisten (wie die oben erwähnte auf S. 99). KI jetzt! ist Ihr Begleiter von der Idee zum KI-Produkt. Nutzen Sie diesen Wissensvorsprung und starten Sie Ihr KI-Projekt – ob Make, Buy oder Partner!
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[1] https://www.mckinsey.com/capabilities/quantumblack/our-insights/seizing-the-agentic-ai-advantage
[2] https://www.siemens.com/global/en/company/insights/unlocking-the-power-of-generative-ai-siemens-industrial-copilot.html
[3] https://press.siemens.com/global/en/pressrelease/siemens-expands-industrial-copilot-new-generative-ai-powered-maintenance-offering
Keynote beim IONOS Summit 2025
20/11/2025Foresight,IONOS,AI,Vortrag,Zukunftsforscher,2050,digitale Souveränität,Zukünfte,Keynote,Zukunft,Künstliche Inteligenz,ZukunftsforschungVideo
Am 4. November 2025 durfte ich beim großen IONOS Summit in Berlin eine Keynote halten. Das Thema des Tages war „digitale Souveränität“ – also die Frage, wie Deutschland und Europa unabhängiger von anderen Regionen der Welt werden kann. Warum das wichtig ist? Das sehen wir seit Monaten, vielleicht auch Jahren: Abhängigkeit von Rohstoffen oder auch Cloud-Dienstleistungen macht verletzlich. Das ist besonders in der weiter fortschreitenden Digitalisierung mit immer mehr KI-Anwendungen auch in kritischen Bereichen eins der strategisch wichtigsten Themen unserer Zeit.
In meiner Keynote geht’s aber um den großen Bogen von Zukünften über Künstliche Intelligenz, einige Widersprüche der deutschen/europäischen Position – aber auch, worauf wir uns freuen können.
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PS: Ich trage das T-Shirt, auf dem die Antwort auf die Frage nach dem Leben, dem Universum und dem ganzen Rest (= 42) abgebildet ist. Dieses und ähnliche Shirts sind seit Kurzem im Onlineshop erhältlich!
Vom Pilot zum Rollout: Das KI-Operating-Model für den Mittelstand
11/11/2025EU AI Act,KI Pilotprojekte,Mittelstand KI,KI Governance,KI Rollout,ISO 42001,KI Transformation,KI Operating ModelArtikel
Vom Proof of Concept zum Produktivbetrieb: Viele Mittelständler haben erste KI-Piloten gestartet – doch der Schritt zur breiten Nutzung scheitert oft an fehlenden Strukturen. Gartner-Studien zufolge schaffen es nur ca. 4 von 33 KI-Piloten in die Produktion [1]. Häufig fehlen ein durchdachtes KI-Operating-Model, klare Rollen und Prozesse für den Rollout. Statt einzelner Leuchtturmprojekte braucht der Mittelstand ein belastbares Betriebsmodell für KI, das vom ersten Experiment bis zum flächendeckenden Einsatz trägt.
In diesem Artikel erfahren Sie, wie Sie ein solches KI-Operating-Model aufbauen – mit passender KI-Governance, definierten KI-Rollen und Human-in-the-Loop-Mechanismen. Wir beleuchten aktuelle Impulse wie den EU AI Act und ISO/IEC 42001 als Leitplanken und zeigen, wie Sie vom einmaligen Pilotprojekt zum nachhaltigen KI-Einsatz im ganzen Unternehmen gelangen.
Vom Experiment zur Skalierung: Warum KI-Piloten stecken bleiben
Der Start ist oft vielversprechend: Ein KI-Prototyp liefert spannende Ergebnisse, ein Pilotprojekt zeigt Potenzial. Doch danach herrscht Ernüchterung. Ohne skalierbares Konzept bleiben viele KI-Projekte „stecken“ – entweder technisch (Integration, Daten, Performance) oder organisatorisch (fehlende Akzeptanz, unklare Zuständigkeiten).
Kurzfristiger Enthusiasmus reicht nicht. Wir haben beobachtet, dass viele Entscheider:innen anfangs vom KI-Hype getrieben sind, aber den langen Atem unterschätzen: „Die Mehrheit der Menschen überschätzt die kurzfristigen KI-Auswirkungen“ (KI jetzt!, S. 13), zugleich wird das langfristige Disruptionspotenzial oft unterschätzt. Für den Mittelstand heißt das: Nicht jede Vision wird sofort Realität, aber in 10 Jahren wird KI fast jeden Geschäftsbereich durchdringen. Es gilt also, früh die Weichen richtig zu stellen, um nicht abgehängt zu werden.
Warum scheitern so viele KI-Piloten? Einerseits liegen technische Hürden im Weg – von Datenqualität bis Integration. Andererseits fehlt oft ein institutioneller Rahmen. Viele Firmen haben zunächst einzelne KI-Use-Cases in Innovationsabteilungen oder IT-Teams angesiedelt. Doch ohne Einbindung ins Kerngeschäft und ohne unternehmensweite Governance „verpuffen“ die Pilotinseln. Es genügt nicht, „ein pfiffiges IT-Team mit guter Technik auszustatten. Es gehört mehr dazu, unter anderem interdisziplinäre Teams.“ (KI jetzt!, S. 107). Erst bereichsübergreifende Zusammenarbeit bringt KI voran.
Was ist ein KI-Operating-Model?
Ein KI-Operating-Model ist der organisatorische Rahmen, um KI-Systeme vom Prototyp bis zum skalierbaren Produkt zu führen. Es definiert Rollen, Verantwortlichkeiten, Prozesse und Governance für den KI-Einsatz. So ähnlich wie ein Qualitätsmanagementsystem (z. B. ISO-Normen) die Abläufe vereinheitlicht, schafft ein KI-Operating-Model klare Strukturen: Wer kümmert sich um Datenbeschaffung? Wie werden KI-Modelle trainiert, validiert und in Betrieb genommen? Wie läuft die Wartung, Überwachung und kontinuierliche Verbesserung? All das regelt das Operating-Model.
Kernkomponenten eines KI-Operating-Models:
- KI-Governance: Richtlinien und Gremien, die den KI-Einsatz steuern und überwachen. Dazu gehört z. B. ein KI-Ethikrat oder Responsible-AI-Board, das Anwendungsfälle prüft (Stichwort KI-Compliance). Auch externe Vorgaben wie der EU AI Act fließen hier ein. Der EU AI Act – im August 2024 in Kraft getreten – verlangt bspw. Risikobewertungen und menschliche Aufsicht für hochriskante KI-Systeme, was ins Governance-Modell integriert werden muss.[2]
- KI-Rollen und Teams: Definierte Rollenprofile vom Produktmanager KI über Data Scientist/Machine Learning Engineer bis zum KI-Evangelist, die bereichsübergreifend zusammenarbeiten. Wir empfehlen ein zentrales, interdisziplinäres KI-Team: „Hier werden alle für das KI-Produkt notwendigen Fähigkeiten sowie die volle (!) Verantwortung dafür gebündelt“ (KI jetzt!, S. 122). Typische Rollen in solchen Teams sind z. B. Data-Engineer, ML-Engineer, Softwareentwickler:innen und weitere Fachexpert:innen aus den jeweiligen Abteilungen und Human-in-the-Loop-Verantwortliche, die menschliche Qualitätskontrollen sicherstellen. Wichtig ist, dass dieses Team von der Idee (Phase 1) bis zum Go-Live (Phase 5) Verantwortung trägt. So vermeidet man Brüche zwischen Pilot und Betrieb.
- Prozesse & Methoden: Standardisierte Prozesse für Entwicklung (z. B. CRISP-DM oder agile ML-Entwicklung), Deployment (CI/CD-Pipelines für KI-Modelle) und Monitoring der Modelle im Betrieb (Stichwort Model Risk Management). Hierzu gehört auch ein Verfahren für „Human in the Loop“ – also klar zu definierende Punkte, an denen Menschen KI-Entscheidungen prüfen/korrigieren (etwa bei abweichenden Vorhersagen oder kritischen Entscheidungen). Ein gutes Operating-Model legt fest, wann KI autonom entscheiden darf und wann zwingend menschliche Abnahme erfolgen muss (z. B. Vier-Augen-Prinzip bei KI im Kreditentscheidungsprozess).
- Technologie & Infrastruktur: Die Wahl der richtigen Infrastruktur (Cloud vs. On-Prem vs. Edge) gehört ebenfalls zum Operating-Model. Es muss definiert sein, wo KI-Modelle laufen, wie Daten fließen und wie Skalierung bei wachsender Last gewährleistet wird. Einheitliche Entwicklungs- und Produktionsumgebungen, idealerweise mit MLOps-Prinzipien, sind ein weiterer Baustein.
Ein solches Operating-Model verhindert, dass KI-Projekte nur lose „experimentieren“. Es verankert KI in der Organisation – strukturell, personell und prozessual.
Praxis-Tipp: Orientieren Sie sich an Normen wie ISO/IEC 42001 (AI Management System). Diese neue Norm bietet einen Rahmen für KI-Governance und Risikomanagement [3]. Sie fordert z. B. eine klare Verantwortungsstruktur, Risikoanalysen und Kontrollen entlang des KI-Lebenszyklus, abgestimmt auf Regularien wie den EU AI Act. Eine Zertifizierung nach ISO 42001 kann künftig Vertrauen bei Kunden und Aufsichtsbehörden schaffen.
Rollen, Verantwortlichkeiten und das Zusammenspiel von Mensch & KI
Eine der wichtigsten Aufgaben beim Skalieren von KI ist das Einbetten in die Aufbauorganisation. Anfangs entstehen KI-Projekte oft als „Extratruppe“. Doch sobald KI produktiv wird, darf sie kein Fremdkörper sein. „Spätestens mit der Schaffung dieses KI-Teams und den ersten "fail fast, fail often"-Durchläufen […] wird jede klassisch strukturierte Organisation erkennen: Das Organigramm wird nie mehr so sein, wie es mal war“ (KI jetzt!, S. 122). Dieser drastische Satz zeigt: KI-Einführung verändert klassische Abteilungen und Hierarchien nachhaltig.
Statt punktuellen Arbeiten braucht es interdisziplinäre Zusammenarbeit: IT, Fachabteilung, Datenexperten – alle müssen im KI-Team an einem Strang ziehen. Beispielsweise können im KI-Team eines Produktionsunternehmens folgende Rollen vertreten sein:
- KI-Produktmanager (verantwortet die Gesamtumsetzung und Business Value),
- Data Engineer/Architekt (stellt Dateninfrastruktur bereit, Datenqualität),
- ML-Engineer/Data Scientist (entwickelt Modelle, Feature Engineering),
- Softwareentwickler (Integration der KI in bestehende Systeme),
- Fach-Experten (z. B. Produktionsingenieur oder Vertriebsleiter, der das Domänenwissen einbringt),
- DevOps/MLOps Engineer (automatisiert Deployment, Monitoring der Modelle),
- Human-in-the-Loop-Spezialist (definiert Prüfpunkte, schult Anwender und überwacht die Mensch-KI-Interaktion).
Der Mensch bleibt verantwortlich! Ein weiterer Grundsatz des Operating-Models sollte lauten: Kein KI-System ohne menschliche Verantwortlichkeit. Das Prinzip „Human in the Loop“ garantiert, dass der Mensch die letzte Instanz bleibt – gerade im Mittelstand, wo persönliches Kundenvertrauen und Haftung eine große Rolle spielen. Ein KI-System darf automatisieren, aber es sollte immer klar sein, wer einschreiten kann, wenn etwas schiefläuft. „Das Denken müssen grundsätzlich immer noch Menschen übernehmen!“ (KI jetzt!, S. 34). KI entlastet – aber das Urteilsvermögen und die ethische Abwägung liegen beim Menschen. Dieses Mindset muss im Operating-Model verankert sein, etwa durch Freigabeschritte, regelmäßige Evaluation der KI-Entscheidungen und klare Verantwortliche für jedes KI-Modul.
Governance und Leitplanken: Vom AI Act bis zur Firmenrichtlinie
Gerade im Mittelstand besteht die Gefahr, KI-Projekte laufen „unter dem Radar“. Doch mit der kommenden Regulierung wird das riskant. Der EU AI Act verpflichtet Unternehmen, je nach Risiko ihrer KI-Anwendungen, Risikomanagement, Dokumentation, Transparenz und menschliche Überwachung sicherzustellen. Unternehmen sollten daher jetzt interne KI-Leitlinien erarbeiten. Was sind erlaubte und nicht erlaubte KI-Anwendungen? Wie stellen wir Datenschutz sicher? Wer prüft unsere KI-Modelle auf Fairness, Bias oder Fehler? Diese Fragen gehören in eine KI-Governance, idealerweise verankert in Unternehmensrichtlinien oder im Compliance-System.
Ein KI-Governance-Board (oder Lenkungskreis) kann eingerichtet werden, besetzt mit Geschäftsleitung, IT-Leitung, Datenschutz und Fachexperten. Dieses Gremium bewertet KI-Projekte vor dem Start (ähnlich einem Investitionsantrag) und überwacht laufende Systeme. Beispielsweise könnte es Anforderungen festlegen, dass jedes KI-Modell vor Live-Betrieb einen Bias-Check und einen Explainability-Report vorlegen muss. Moderne Tools aus dem Bereich AI Security & Trust helfen dabei, die Modelle zu prüfen – von Prompt Injection-Tests bis zu Erklärbarkeit (XAI)-Analysen.
Ein weiterer Governance-Aspekt ist der Datenschutz. KI braucht Daten, aber personenbezogene Daten unterliegen strengen Regeln (DSGVO). Das Operating-Model muss Richtlinien zur Anonymisierung, Datenaufbewahrung und Einwilligungen beinhalten. Geschäftspartner, Cloud-Anbieter oder KI-Dienstleister müssen glaubwürdig versichern, Daten nicht zweckzuentfremden. Hier helfen vertragliche Vereinbarungen, Audits oder die Wahl souveräner KI-Plattformen. Beispielsweise „Sovereign AI“: Nvidia etwa arbeitet mit europäischen Cloud-Anbietern an souveränen KI-Clouds, die Daten sicher im Land halten und so Bedenken adressieren.[4]
Auch der ISO/IEC 42001-Standard unterstützt bei Governance: Er fordert etwa regelmäßige Risikobewertungen, Bias-Minderung, Nachvollziehbarkeit von Entscheidungen und Schulungen der Belegschaft. Wer diese Punkte ins Operating-Model übernimmt, erfüllt nicht nur ISO, sondern schafft ein robustes Fundament, um KI verantwortungsvoll zu skalieren.
Vom Pilot zum Rollout: Fahrplan für den Mittelstand
- Bestandsaufnahme und Strategie: Analysieren Sie Ihre bisherigen KI-Piloten. Wo gab es Erfolge, wo Engpässe? Entwickeln Sie daraus eine KI-Strategie, die zum Geschäft passt. Definieren Sie Zielbereiche für KI (z. B. Effizienzsteigerung in Prozessen, neue datengetriebene Produkte). Setzen Sie Top-Management-Commitment fest – die Führung muss hinter der KI-Transformation stehen.
- Organisationsstruktur anpassen: Entscheiden Sie, wo KI organisatorisch verankert wird. Empfehlenswert ist ein zentral koordiniertes KI-Team (Center of Excellence), das in die Geschäftsbereiche hineinwirkt. Richten Sie neue Rollen ein (Data Scientist etc.) oder qualifizieren Sie bestehende Mitarbeiter weiter. „Das Organigramm wird nie mehr so sein, wie es mal war“ – haben Sie Mut, tradierte Abteilungsgrenzen aufzubrechen, wenn nötig (KI jetzt!, S. 122).
- Prozesse und Standards etablieren: Erstellen Sie ein unternehmensweit gültiges KI-Framework. Vom Ideenmanagement (wie werden Use Cases identifiziert und priorisiert?) über Entwicklungsstandards (Code-Standards, Testing, Metriken) bis zum Deployment-Prozess. Legen Sie Qualitätskriterien fest: z. B. mindestens X% Vorhersagegenauigkeit im Pilot bevor Rollout, definierte KPIs zur Erfolgsmessung (etwa ROI der KI-Lösung). Checklisten können helfen!
- Pilotphasen bewusst steuern: Nutzen Sie Pilotprojekte weiterhin als Experimentierfeld, aber planen Sie sie schon mit Blick auf späteren Rollout. D.h.: Wählen Sie Technologien, die skalierbar sind (z. B. Cloud-Services, die man hochfahren kann). Dokumentieren Sie von Anfang an alles (Datenquellen, Parameter), um Wissen aufzubauen. Und setzen Sie Meilensteine: Nach einem erfolgreichen Prototyp (Phase 2) folgt ein Pilot in realer Umgebung – dieser sollte 6–9 Monate nicht überschreiten (KI jetzt!, S. 111). Ist er erfolgreich, entscheiden Sie schnell über die Skalierung. Zögern kostet Zeit und Motivation. Wenn nicht erfolgreich, ziehen Sie Erkenntnisse und starten – falls sinnvoll – einen neuen Zyklus.
- Den Rollout systematisch angehen: Wenn der Pilot überzeugt, geht es an den Rollout (mehrere Werke, Standorte oder Abteilungen). Jetzt greift Ihr Operating-Model: Stellen Sie sicher, dass Infrastruktur bereitsteht (Skalierung von Rechenressourcen, Datenpipelines). Schulen Sie Anwender und schaffen Sie Akzeptanz: Kommunizieren Sie Erfolge des Piloten, adressieren Sie Ängste (Stichwort Arbeitsplatzverlust). Beginnen Sie mit “Leuchtturm”-Bereichen, die als Vorbild dienen, und weiten Sie dann aus.
- Kontinuierliches Lernen und Verbessern: Nach dem Rollout ist vor dem Rollout – bleiben Sie agil. Etablieren Sie Feedback-Schleifen. Nutzerdaten, Fehlerraten der KI und Feedback der Mitarbeiter sollten regelmäßig ausgewertet werden. So verbessern Sie Modelle stetig. Hier zahlt sich Human-in-the-Loop aus. Menschen korrigieren Fehler der KI, und diese Korrekturen fließen als Trainingsdaten ein. Das Operating-Model sollte vorsehen, wie solche Erfahrungen zentral gesammelt und für zukünftige Projekte genutzt werden. Vielleicht richten Sie ein internes KI-Forum ein, wo Projektteams Erkenntnisse teilen.
- Erfolge messen und kommunizieren: Zeigen Sie intern sowie extern die Mehrwerte Ihrer KI-Implementierung auf – anhand harter Zahlen (z. B. Prozess X jetzt 30% schneller, Fehlerrate um Y% reduziert, Umsatzplus durch KI-Produkt Z). Das überzeugt skeptische Stimmen und rechtfertigt weitere Investitionen. Setzen Sie daher auf realistische Erwartungsmanagement. Kleine schnelle Erfolge („Quick Wins“) schaffen Momentum, aber seien Sie ehrlich über benötigte Zeit für großen ROI.
Aktuelle Impulse: EU AI Act und ISO 42001 als Unterstützung
Zum Abschluss ein Blick auf zwei aktuelle Entwicklungen, die Ihren KI-Rollout unterstützen können:
- EU AI Act: Der AI Act der EU schafft ab 2025 verbindliche Regeln, vor allem für hochriskante KI (z. B. in Medizin, Fertigung). Nutzen Sie die Übergangszeit, um schon jetzt Compliance-Vorkehrungen zu treffen. Erstellen Sie ein Verzeichnis Ihrer KI-Systeme, führen Sie Risikoanalysen durch und implementieren Sie Mechanismen für menschliche Überwachung. Der Act fordert etwa nachvollziehbare Erklärungen und Robustheitstests – das lässt sich in Ihrem Operating-Model verankern. Durch proaktive Anpassung vermeiden Sie später kostspielige Nachrüstungen und positionieren sich als verantwortungsbewusster Anbieter.
- ISO/IEC 42001 (AI Management System): Die im Dezember 2023 veröffentlichte Norm bietet einen strukturierten PDCA-Zyklus (Plan-Do-Check-Act) für KI-Systeme. Unternehmen können sich zertifizieren lassen, was Vertrauen bei Geschäftspartnern schafft. Der Standard umfasst u. a. Anforderungen an AI Risk Management, Ethikrichtlinien, ständige Überwachung und Stakeholder-Einbindung. Gerade für Mittelständler kann ISO 42001 eine Orientierung geben, um nichts Wesentliches zu vergessen – ähnlich wie ISO 9001 einst half, Qualitätsmanagement aufzubauen. ISO 42001 hilft Organisationen, KI-Risiken effektiv zu managen und Compliance wie den EU AI Act zu erfüllen.
Durch solche Leitplanken wird aus wildem KI-Aktionismus ein geordneter Prozess. Halten Sie sich aber vor Augen: Normen und Gesetze setzen Mindestanforderungen. Wer KI wirklich erfolgreich skalieren will, sollte darüber hinausgehen und Kulturwandel anstoßen – hin zu mehr Agilität, Experimentierfreude und bereichsübergreifender Zusammenarbeit.
Fazit: Vom Pilot zum Rollout ist es ein weiter Weg – aber ein gangbarer. Bauen Sie frühzeitig Ihr KI-Operating-Model auf, um diesen Weg strukturiert zu beschreiten. Der deutsche Mittelstand hat die Chance, KI „richtig“ zu machen: pragmatisch, menschenzentriert und im Einklang mit europäischen Werten. „Die KI-Revolution ist zu wichtig, um sie einigen Wenigen zu überlassen“ – holen Sie deshalb alle ins Boot: Geschäftsführung, Mitarbeitende, Partner. Dann wird aus dem erfolgreichen Pilotprojekt ein flächendeckender Rollout, der Ihrem Unternehmen echten Nutzen bringt.
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[1] https://www.cio.com/article/3850763/88-of-ai-pilots-fail-to-reach-production-but-thats-not-all-on-it.html
[2] https://commission.europa.eu/news-and-media/news/ai-act-enters-force-2024-08-01_en
[3] https://kpmg.com/ch/en/insights/artificial-intelligence/iso-iec-42001.html
[4] https://www.reuters.com/business/media-telecom/nvidias-pitch-sovereign-ai-resonates-with-eu-leaders-2025-06-16/
Wem gehört die Zukunft der KI?
28/10/2025KI Eigentum,Open Source KI,KI Regulierung,KI Europa,Zukunft KI,KI Macht,geschlossene Modelle,KI Geopolitik,EU AI ActArtikel
KI gestalten statt nur erdulden – darum geht es. Die Entwicklung der Künstlichen Intelligenz schreitet rasant voran, und damit stellt sich die Frage: Wer bestimmt, wofür KI in Zukunft eingesetzt wird und wer von ihr profitiert? Schon heute liegt viel Macht in den Händen weniger Tech-Giganten. Doch es steht viel auf dem Spiel: Wir sind davon überzeugt, dass Künstliche Intelligenz – richtig eingesetzt – dabei helfen kann, einen großen Teil der Herausforderungen und Probleme unserer Zeit zu lösen (KI jetzt!, S. 12). KI könnte etwa zur Bewältigung des Klimawandels beitragen, medizinische Durchbrüche ermöglichen oder Bildungszugang weltweit verbessern. Ebenso überzeugt sind wir davon, dass es nicht einer Handvoll Unternehmen oder staatlichen Organisationen überlassen werden sollte, das Schicksal der Menschheit nach eigenen Vorstellungen zu bestimmen.
Mit anderen Worten: Die Zukunft der KI gehört allen – oder sollte es zumindest. Aktuell dominieren allerdings einige wenige Akteure die KI-Entwicklung. Große Konzerne in den USA (OpenAI/Microsoft, Google, Meta, Amazon) und China (Tencent, Alibaba, Baidu) investieren Milliarden und diktieren Tempo und Richtung. Demokratien ringen damit, wie sie die Kontrolle behalten können. Die Debatten um ein KI-Moratorium zeigen, wie wenig Kontrolle demokratische Institutionen über private Tech-Konzerne haben. Als im Frühjahr 2023 tausende Experten – darunter Elon Musk – ein sechsmonatiges KI-Entwicklungs-Moratorium forderten, zeigte sich: Regierungen konnten ein solches Innehalten nicht durchsetzen. Die großen Labs machten weiter, getrieben vom Konkurrenzdruck. Das Kräfteverhältnis ist ungleich verteilt.
Offene KI vs. geschlossene KI: Wem gehören die Modelle?
Ein Aspekt der Machtfrage ist, ob KI-Technologie offen zugänglich oder proprietär geschlossen sein wird. Befürworter von Open-Source-KI (wie z. B. Metas frei verfügbares LLaMA-Modell) argumentieren, dass nur offene KI von vielen kontrolliert und verbessert werden kann. Sie gehört dann gewissermaßen der Gemeinschaft. Die Gegenseite (kommerzielle Anbieter wie OpenAI mit GPT-4) hält ihre Modelle geheim und argumentiert mit Sicherheit und Wettbewerbsvorteilen. Die Frage ist daher politisch: Offene KI würde mehr Menschen und auch kleinen Unternehmen ermöglichen, eigene Anwendungen zu bauen; geschlossene KI konzentriert die Macht bei wenigen.
Wir erleben bereits einen Wettstreit der Ansätze: Während Google und OpenAI eher geschlossen agieren, hat Meta einen anderen Weg gewählt und wichtige KI-Modelle frei zugänglich gemacht. Elon Musks neues Unternehmen xAI wiederum soll „die Wahrheit suchen“ und eine Alternative zu bisherigen KI-Entwicklungen bieten – ein weiterer Versuch, die zukünftige KI-Entwicklung nicht allein den etablierten Playern zu überlassen.
Globale Rennen: USA, China und Europa
Die Kontrolle über KI ist auch eine geopolitische Frage. Die USA und China liefern sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen um die KI-Vorherrschaft. Beide Länder investieren massiv. China hat eine nationale KI-Strategie aufgelegt, um bis 2030 führend zu sein; mit staatlich geförderten Forschungslabs und einer Fülle an Daten (Stichwort: Überwachung) als Treibstoff. Die USA punkten mit ihrer starken Tech-Industrie und Kapital. Und Europa? Die EU setzt vor allem auf Regulierung (etwa den AI Act) und darauf, vertrauenswürdige KI „Made in Europe“ zu fördern. Doch viele warnen, Europa könne technologisch ins Hintertreffen geraten.
„Die europäische Wirtschaft wird ihre wichtige Rolle in der Weltwirtschaft nur erhalten können, wenn sie den Sprung in die KI-Welt schafft“ (KI jetzt!, S. 16). Europas Unternehmen und Start-ups müssen selbst KI entwickeln und einsetzen, um international konkurrenzfähig zu bleiben. Es reicht nicht, nur Regeln für andere aufzustellen; Europa braucht eigene KI-Champions. Immerhin gibt es positive Ansätze – etwa starke KI-Forschung in Ländern wie Deutschland und Frankreich, aufstrebende KI-Start-ups und Kooperationen, um Recheninfrastrukturen aufzubauen.
Unsere KI-Zukunft gemeinsam gestalten
„Wir glauben weder daran, dass KI sich nicht durchsetzen oder erfolgreich verboten wird, noch dass KI in zehn oder 50 Jahren ein Bewusstsein haben wird, das dem menschlichen nahekommt“ (KI jetzt!, S. 14). KI wird kommen, ob wir wollen oder nicht, aber sie wird nicht über Nacht zu einem eigenständigen Superwesen. Das gibt uns Gestaltungsspielraum. Statt auf Verbote oder utopische Hoffnungen zu setzen, sollten wir jetzt die Weichen stellen: für internationale Zusammenarbeit, für sinnvolle Leitplanken und für breite Teilhabe an KI.
Die Zukunft der KI soll allen gehören und dem Gemeinwohl dienen, nicht einzelnen Machtzentren. Um das zu erreichen, braucht es Engagement auf vielen Ebenen: Politik, die Wettbewerb fördert und Monopole begrenzt; Wirtschaft, die verantwortungsvoll innoviert; Wissenschaft, die unabhängig forscht; und eine Zivilgesellschaft, die mitredet. Die KI-Revolution ist zu wichtig, um sie einigen Wenigen zu überlassen.
Im Buch "KI jetzt!" beleuchten Kai Gondlach und Mark Brinkmann ausführlich die globalen Entwicklungen und Machtfragen rund um KI. Sie zeigen, wie Unternehmen, Staaten und wir alle heute die Grundlagen legen können, damit die Zukunft der KI uns allen gehört – und zum Wohle aller gestaltet wird: zukunft.shop/products/buch-ki-jetzt-2024/
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Vertrauen ist Pflicht – nicht Kür
13/10/2025KI Vertrauen,KI jetzt!,KI Transparenz,Erklärbarkeit,responsible AI,KI-Sicherheit,künstliche Intelligenz,Nachvollziehbarkeit,Human-in-the-Loop,AI,KI Verantwortung,Vertrauen,Explainable AI,xAI,KI Governance,KIArtikel
Ohne Vertrauen kein KI-Erfolg. Obwohl bereits jeder dritte Mensch in Deutschland KI-Systeme wie ChatGPT nutzt, bleiben viele skeptisch gegenüber automatischen Entscheidungen. Das ist kein Wunder: Skandale und Negativschlagzeilen dominieren oft die Wahrnehmung. Vertrauensproblem KI: „Grund für das Misstrauen sind Betrugs- und Desinformations-Fälle, die mithilfe von KI durchgeführt und in den Medien groß herausgestellt werden – größer als die lebensrettenden oder umsatzsteigernden Anwendungen, die dank KI realisiert werden“ (KI jetzt!, S. 24). Wenn ein KI-Modell Falschnachrichten produziert oder spektakulär danebenliegt, schafft es sofort Schlagzeilen, während die vielen stillen Erfolgsgeschichten weniger Aufmerksamkeit bekommen.
Für Unternehmen bedeutet dies: Sie müssen aktiv Vertrauen schaffen, wenn sie KI einsetzen. Kunden, Mitarbeitende und die Öffentlichkeit wollen sicher sein, dass KI-Systeme zuverlässig und fair arbeiten. Transparenz und Kontrolle sind daher keine Kür, sondern Pflicht.
Erklärbarkeit und Nachvollziehbarkeit: KI erklären können
Niemand vertraut gerne einer Black Box. XAI – erklärbare KI: Nachvollziehbarkeit wird zur zentralen Anforderung, damit Entscheidungen von KI-Systemen transparent und vertrauenswürdig bleiben. (KI jetzt!, S. 35) Schon im Entwicklungsprozess sollte daher daran gedacht werden, wie eine KI ihren Output erklären kann. Das hilft intern (die eigenen Fachleute verstehen, was die KI tut) und extern (Nutzer akzeptieren KI-Entscheidungen eher, wenn sie nachvollziehbar begründet werden).
Wir schlagen daher vor, statt von bloßer „Erklärbarkeit“ lieber von Nachvollziehbarkeit zu sprechen. Denn es geht darum, dass Menschen den Entscheidungsweg der KI nachvollziehen können – also verstehen, welche Faktoren ein Ergebnis beeinflusst haben. Unternehmen sollten Tools einsetzen, die solche Einblicke bieten. Beispielsweise gibt es KI-Systeme, die zu jeder Prognose einen sogenannten Feature Importance-Score liefern, der zeigt, welche Eingabedaten wie stark ins Gewicht fielen.
Der Gesetzgeber zieht ebenfalls nach: Der EU AI Act – das erste große KI-Gesetz – schreibt für viele Anwendungen Transparenzpflichten vor[1]. Unter anderem müssen KI-generierte Inhalte künftig eindeutig gekennzeichnet werden und bei hochriskanten KI-Systemen (etwa in der Medizin oder im Finanzbereich) sind ausführliche technische Dokumentationen Pflicht. All das soll das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger stärken.
Mensch in der Schleife: KI nicht unkontrolliert lassen
Ein weiterer Baustein für Vertrauen ist die klare Regel: KI-Output sollte immer vom Menschen überprüft werden, bevor wichtige Entscheidungen umgesetzt werden. Moderne Chatbots haben eine faszinierende Fähigkeit, Texte zu generieren – doch sie sind manipulierbar“ (KI jetzt!, S. 34). Es wurde schon oft gezeigt, dass man Sprach-KIs mit geschickten Eingaben dazu bringen kann, Fehlinformationen oder unethische Inhalte auszuspucken. Genau deshalb gilt: ChatGPT und Co. sollten also stets nur als Anregung oder Zwischenschritt genutzt werden; das Denken müssen grundsätzlich immer noch Menschen übernehmen!
In der Praxis heißt das: Egal ob KI einen Vertragsentwurf schreibt oder eine Bewerbervorauswahl trifft – eine qualifizierte Person sollte das Ergebnis prüfen, plausibilisieren und freigeben. Dieses Vier-Augen-Prinzip (drei Augen davon sind halt virtuell) stellt sicher, dass Fehler der KI rechtzeitig entdeckt werden. Es bewahrt auch davor, dass die Verantwortung an die Maschine abgeschoben wird. Am Ende muss immer ein Mensch für eine Entscheidung geradestehen – und entsprechend die Kontrolle behalten.
Große Tech-Unternehmen betonen daher zunehmend die Rolle menschlicher Aufsicht. OpenAI etwa hat nach Kritik an mangelnder Transparenz bei GPT-4o angekündigt, mehr Informationen über Trainingsdaten und Modellgrenzen offenzulegen (auch wenn das nur in Maßen geschieht). Plattformen wie YouTube, Facebook und TikTok führen Kennzeichnungen für KI-erstellte Inhalte ein, damit Nutzer besser einschätzen können, was echt ist und was nicht[2]. Solche Maßnahmen sollen verhindern, dass Deepfakes und Fake News das Vertrauen zerstören ... wie bereits mehrfach geschehen. Es geht hier nicht bloß um weiche Faktoren, sondern umsatzrelevante Größen.
Fazit: Ohne Vertrauen keine KI-Zukunft
Unternehmen, die auf KI setzen, müssen das Vertrauen aller Beteiligten gewinnen – das der Kunden, der Mitarbeitenden und der Regulierer. Das gelingt nur mit Transparenz, Verlässlichkeit und klaren Richtlinien. Vertrauen ist keine Zugabe, sondern die Grundvoraussetzung.
Konkret sollten Entscheider:innen darauf achten, dass jedes KI-Projekt Fragen beantwortet wie: Können wir erklären, wie die KI zu ihrem Resultat kam? Haben wir genügend Kontrollmechanismen eingebaut? Werden Datenschutz und Fairness gewahrt? Nur wenn all dies erfüllt ist, wird KI langfristig akzeptiert und erfolgreich sein.
KI kann enorme Vorteile bringen – aber nur, wenn die Menschen ihr vertrauen. Dieses Vertrauen aufzubauen erfordert Mühe und Weitsicht, zahlt sich jedoch aus: Es minimiert Risiken, steigert die Qualität der Ergebnisse und sorgt letztlich dafür, dass KI-Projekte nicht am Widerstand der Nutzer scheitern.
Mehr zum Thema erfahren Sie im Buch "KI jetzt!", in dem Mark Brinkmann und Kai Gondlach ausführlich auf Fragen der KI-Governance und Verantwortung eingehen. Lernen Sie, wie Sie durch Nachvollziehbarkeit und menschliche Kontrolle das volle Potenzial von KI nutzen, ohne Vertrauen zu verspielen.
[1] https://www.europarl.europa.eu/news/en/press-room/20240308IPR19025/economic-coordination-prioritise-investment-and-reform-eu-economies-meps-say
[2] https://blog.youtube/news-and-events/disclosing-ai-generated-content/
Kommentar zur Modernisierungsagenda der Bundesregierung
01/10/2025Verwaltung,Wirtschaft,Arbeitswelt,Ungleichheit,CSU,Digitalisierung,Staat,SPD,KI,Zukunftsangst,Politik,Bundesregierung,CDU,Modernisierung,Koalition,künstliche IntelligenzArtikel
Hier ist mein Take als Zukunftsforscher zur „Modernisierungsagenda für Staat und Verwaltung (Bund)“ vom 1.10.2025 – mit Blick auf KI, Nachhaltigkeit und Arbeitsmarkt:
Erst die Lücken – ist das Doppelmoral?
Wir reden über eine Staatsreform (Link führt zum Originaldokument), die Prozesse beschleunigt, Behörden verschlankt und digitalisiert. Gut so. Aber Klimaschutz, Biodiversität und Ressourcenwende tauchen praktisch nicht auf. Eine Modernisierung ohne Klima- und Nachhaltigkeitsleitplanken ist 2025 nicht „neutral“, sie ist rückständig. Der IPCC hält fest: Das 1,5-Grad-Fenster schließt sich rapide, in Europa ist der Drops schon gelutscht – ohne strukturelle Beschleunigung der Emissionsminderung in allen Politikbereichen verlieren wir das Jahrzehnt. (IPCC)
Gleichzeitig werden Berichtspflichten und Standards zur unternehmerischen Sorgfalt teils aus „Bürokratiegründen“ aufgeweicht. Wer Nachhaltigkeitsregulierung als Primärziel „entrümpelt“, betreibt kurzsichtige Kostendämpfung auf Kosten der Zukunftsfähigkeit. Das hat die Debatte um Änderungen beim Lieferkettengesetz eindrücklich gezeigt. (WirtschaftsWoche)
Und die soziale Frage? Die Agenda erleichtert den Zugang zu Leistungen – fair. Aber strukturelle Ungleichheit adressiert sie nicht. Parallel meldet die Bundesregierung im SDG-Bericht Fortschritte, während zentrale Umwelt- und Verteilungsziele wackeln. Klingt nach Zielbild „Nachhaltigkeit“, aber ohne verbindliche Übersetzung in die Staatsmodernisierung. (sdg-indikatoren.de)
Was wurde aus „große Vermögen stärker besteuern“?
Die SPD hat vor der Wahl deutlich höhere Beiträge sehr großer Vermögen gefordert. In der Regierungsrealität dominiert nun Sparen + Entlasten, Vermögensabgaben/-steuern tauchen im Vollzug nicht prominent auf. Das sendet ein widersprüchliches Signal: Digitalisierung & Bürokratieabbau ja – aber faire Gegenfinanzierung der Transformation? Noch offen. (vorwärts)
Wo die Agenda stark ist
- Bürokratieabbau & Service: −25 % Bürokratiekosten, OITO-Regel („one-in-two-out“), 24-Stunden-Gründungen, zentrales KfZ-Portal, Digitalausweise – das entlastet Bürger:innen & Mittelstand spürbar. Das ist Standortpolitik pur. Wir müssen uns im internationalen Wettbewerb endlich wieder behaupten, "made in Germany" groß machen, so wie es im PROFORE-Whitepaper zur Industrie 6.0 beschrieben wird.
- Bessere Rechtsetzung: Praxis- & Digitalchecks, Law-as-Code-Piloten – wenn richtig umgesetzt, sind das echte Produktivitätshebel im Staat. Liebe Jurist:innen: Das ist ein Paradigmenwechsel, ja. Aber wir brauchen ihn.
- Personal & Führung: Modernisiertes Dienstrecht, Frauen in Führung, Skills für KI-Verwaltung – wichtig für den Arbeitsmarkt im Staat, der mit der Privatwirtschaft um Talente konkurriert. So beschreibe ich es als Zielbild in meinen Keynotes... als Utopie.
OECD & Wirtschaftsräte sagen seit Jahren: Produktivität in Deutschland leidet unter komplexer Regulierung – hier liefert die Agenda. Aber: Ohne Mission Klima & Nachhaltigkeit bleibt der Effizienzgewinn politisch unterkomplex. (OECD) Die KPIs klingen gut, wir dürfen bespannt sein, ob die politische und administrative Haltung dazu mithalten kann.
KI: Chance, wenn wir sie verantwortungsvoll skalieren
Die Agenda schafft Rechtsgrundlagen für vollautomatisierte Verwaltungsakte, KI-Piloten in Visa- & Justizprozessen und agentische KI in Fachressorts. Super – wenn drei Dinge mitlaufen:
- Transparenz & Nachvollziehbarkeit (Audit-Trails, erklärbare Modelle),
- robuste Daten- & IT-Souveränität (Cloud/Edge, RZ-Konsolidierung, EUDI-Wallet-Kompatibilität),
- Kompetenzaufbau bei Führung & Teams. Das passt zur OECD-Linie: KI-Skalierung braucht Governance & Skills – sonst exportieren wir analoge Ineffizienzen in digitale Hochgeschwindigkeit. (ki-strategie-deutschland.de)
Arbeitsmarkt: Produktivität + Resilienz – oder Massensterben 2.0?
Ich habe in den 2010ern und 2020ern Dinge prognostiziert, die mir wenig Freunde machten: Pandemie, Krieg in Europa, Massensterben von Unternehmen in den 2020ern – alles eingetreten. Die nächsten Jahre entscheiden, ob uns eine Pleiten-Welle 2.0 trifft oder ob wir dank KI-Produktivitätssprüngen & schlanker Regulierung neue Wachstumsinseln schaffen.
Die Agenda reduziert Transaktionskosten – gut. Aber ohne aktive Transformationsfinanzierung (z. B. steuerliche F&E-Anreize, präzise Investitionspfade für Dekarbonisierung) und Weiterbildungs-Offensive drohen Effizienzgewinne von KI am Fachkräftedefizit zu verpuffen. Die OECD mahnt genau das: Produktivität, Qualifikationen, Investitionsklima. (OECD)
Konstruktive Forderungen (damit Modernisierung ≠ Greenwashing light wird)
- Klima- und Nachhaltigkeits-Mainstreaming in alle fünf Handlungsfelder: verpflichtende Klima-, Biodiversitäts- und Naturverträglichkeits-Checks für jede Beschleunigungsmaßnahme (Bau-Turbo ja – aber natur- & klimaverträglich). IPCC-Pfadkompatibilität als Standard. (IPCC)
- Klimaneutrale Bundesverwaltung bis 2030: Green-IT (Rechenzentren energieeffizient, Ökostrom), CO₂-Budgets pro Ressort, klimafreundliche Beschaffung als Default (SDG 12). (sdg-indikatoren.de)
- KI-Governance aus einem Guss: Gesetzliche Mindeststandards zu Erklärbarkeit, Human-in-the-Loop bei Grundrechtseingriffen, nationale Modell-Register, offene Rule-Libraries für „Law-as-Code“.
- Weiterbildung im Industriemaßstab: Ein Transformationssemester für den öffentlichen Dienst und KMU – finanziert, zertifiziert, messbar (OECD-Skills-Agenda). (OECD)
- Ehrliche Finanzierung: Wenn wir wirklich modernisieren wollen, brauchen wir ein klares Steuer-/Abgaben-Design für Großvermögen und windfall profits – so stand es im SPD-Kernanliegen, und so wird’s international diskutiert. Glaubwürdigkeit gewinnt, wer Transformation gerecht finanziert. (vorwärts)
- Ungleichheit adressieren: Die Menschen spüren die Doppelmoral und wählen radikaler denn je in der Geschichte der Bundesrepublik. Das gilt vor allem für die Ungleichheiten zwischen reich und arm sowie jung und alt. Extremisten mit Inhalten zu bekämpfen ist Unsinn, es müssen einfach die Kernanliegen der (Ex-)Stammwählerschaft wieder ernstgenommen werden. Konkreter Vorschlag: Durch mehr Bürgerbeteiligung und bessere Kommunikation des Petitionswesens im Bundestags - hier schaffen es Anliegen der Bürger:innen auch ohne Beteiligung im Kommunalparlament auf die Agenda!
Bottom line
Diese Agenda kann Deutschlands Staat spürbar schneller, digitaler, bürgernäher machen – ein Plus für Vertrauen und Standort. Aber echte Zukunftsfähigkeit entsteht erst, wenn wir KI-Skalierung mit sozialer Gerechtigkeit und ökologischer Mission verknüpfen. Sonst modernisieren wir die Verwaltung – und verlieren die Ziele des Jahrzehnts. Ungefähr so, wie wir es in dem umfangreichen, dreiteiligen Sammelband "Regenerative Zukünfte und künstliche Intelligenz" (Springer) beschreiben. Der Dreiklang ist möglich, wir müssen "nur" anders denken.
Zukunft ist kein Trend, den man abwartet. Zukunft ist eine Entscheidung – jeden Tag, in jedem Paragrafen, in jedem Prozess.
Quellen (Auswahl):
Modernisierungsagenda (BMDS, 10/2025) · Koalitionsvertrag „Verantwortung für Deutschland“ (04/2025) (SPD) · IPCC AR6 Synthesis (2023) (IPCC) · VNR/SDG-Bericht Deutschland (2025) (sdg-indikatoren.de) · OECD Economic Survey Germany (06/2025) (OECD) · Lieferketten-Debatte (2025) (WirtschaftsWoche) · SPD-Steuerpositionen (08/2025) (vorwärts)
Foto von Eden Constantino auf Unsplash
Die neue Arbeitsteilung – Wie KI das Manage-ment verändert
16/09/2025EU AI Act,Operating Model,KI Governance,KI Organisation,Digitalisierung,ISO/IEC 42001,KI Management,Mittelstand KI Skalierung,KI Operating Model,Rollen KI,Human-in-the-LoopArtikel
Die Spielregeln im Management werden neu geschrieben. Künstliche Intelligenz automatisiert nicht nur Fabriken und Routinetätigkeiten, sondern hält zunehmend Einzug ins Büromanagement und in die Führungsetage. Dabei zeichnet sich ab: KI wird die Arbeitsteilung zwischen Mensch und Maschine grundlegend verändern. Mit ChatGPT endet die Management-Ära, in der eine umfassende Standardisierung der Prozesse fester Bestandteil der Agenda war (KI jetzt!, S. 32). Früher galt: Ein guter Manager standardisiert Abläufe und definiert klare Prozesse, um Effizienz zu steigern. Jetzt zeigt sich: Dank KI-Tools wie ChatGPT können viele Abläufe flexibler gehandhabt werden, ohne in jeder Einzelheit vorab durchstandardisiert zu sein.
Prozesse neu denken: von starren Abläufen zu flexibler KI-Unterstützung
In der Vergangenheit investierten Unternehmen viel Zeit in die Dokumentation und Optimierung ihrer Prozesse. Jedes Szenario sollte einen definierten Ablauf haben. Doch KI ermöglicht einen Paradigmenwechsel: Die wichtigste Erkenntnis aus unserer Praxis lautet: Prozesse müssen gar nicht mehr standardisiert und digitalisiert werden, sondern können mittels einfacher Sprache digital an ChatGPT übermittelt werden (KI jetzt!, S. 32). Anstatt jeden Schritt in Software zu gießen, kann eine Führungskraft heute einer KI in natürlicher Sprache Anweisungen geben – und die KI erledigt die Aufgabe ad hoc. Das reduziert den Aufwand für starre Prozessgestaltung erheblich.
Beispiel: Statt ein kompliziertes Formular für Urlaubsanträge zu entwickeln, könnte ein Unternehmen einen Chatbot einsetzen. Mitarbeitende teilen dem KI-Assistenten per Chat mit, wann sie Urlaub wollen, und die KI übernimmt den Rest – prüft Kalender, informiert das Team und dokumentiert den Antrag. Solche flexiblen Lösungen wären ohne KI kaum denkbar. Sie zeigen, wie Maschinen nun viel stärker zum Kollegen werden, der menschliche Anweisungen direkt umsetzt, statt dass der Mensch sich der Maschinenlogik anpassen muss.
Wettbewerbsvorteil durch KI: wer zögert, verliert
Dass sich KI-Einsatz im Management auszahlt, belegt ein einfaches Gedankenexperiment (KI jetzt!, S. 44): Im Jahr 2020 macht Blumenladen A 20.000 Euro Gewinn. Der Nachbarladen B, der auf exponentielles Wachstum setzt, macht im selben Jahr über eine Million – weil er früh auf Digitalisierung und KI setzte. Dieses fiktive Beispiel aus KI jetzt! verdeutlicht den „First Mover“-Vorteil. Unternehmen, die moderne Technologien zügig adaptieren, können ihre Prozesse exponentiell skalieren, während konservative Wettbewerber stagnieren. KI kann z. B. Marketing-Entscheidungen auf Basis riesiger Datenmengen optimieren, Lieferketten in Echtzeit anpassen oder Kundenanfragen automatisiert vorqualifizieren – all das beschleunigt das Geschäft.
In den letzten Jahren glaubten viele Entscheider, KI sei noch Spielerei und für ernsthafte Anwendungen nicht bereit. Doch diese Zeiten sind vorbei. Viele Unternehmen glauben, KI sei noch nicht ausreichend entwickelt – doch das ist vorbei (KI jetzt!, S. 15). Die Technologie hat einen Reifegrad erreicht, der Produktiveinsätze in praktisch allen Branchen erlaubt. Große Player machen es vor: Microsoft hat mit Copilot eine KI-Unterstützung in seine Office-Programme integriert, die E-Mails schreibt, Meetings zusammenfasst und Analysen in Excel automatisch erstellt. SAP hat Business AI Features angekündigt, um Unternehmensdaten intelligenter zu nutzen – von automatischer Rechnungsverarbeitung bis hin zu Prognosen im Controlling. Und Google stattet seine Workspace-Tools mit KI-Assistenten aus, die Präsentationen entwerfen oder Dokumente zusammenfassen. All das zeigt: KI ist bereit, im Tagesgeschäft Verantwortung zu übernehmen.
Führungskräfte zwischen Mensch und Maschine
Die neue Arbeitsteilung bedeutet nicht, dass Manager überflüssig werden – aber ihr Fokus verschiebt sich. Routineentscheidungen und Informationsaufbereitung kann zunehmend die KI liefern. Führungskräfte können sich mehr auf kreative, strategische und zwischenmenschliche Aspekte konzentrieren. Das Management der Zukunft ist eines, das KI intelligent einspannt. KI – nicht nur Thema für Software-Unternehmen. Jede Branche, vom Handwerk über den Handel bis zur Industrie, kann KI im Management nutzen. Ob ein mittelständischer Fertiger, der mit KI seine Lagerlogistik steuert, oder ein Familienhotel, das mit KI-Tools die Personalplanung vereinfacht – die Möglichkeiten sind vielfältig.
Wichtig ist, eine Kultur zu schaffen, in der Mensch-Maschine-Kollaboration selbstverständlich wird. Mitarbeitende müssen lernen, KI-Assistenzsysteme als Unterstützung anzunehmen, und Führungskräfte sollten den Einsatz dieser Helfer fördern. Es gilt, Vertrauen aufzubauen – sowohl ins Team als auch in die Technik. Dafür braucht es Transparenz: Wenn KI etwa bei der Mitarbeiterbeurteilung hilft, sollte offen kommuniziert werden, wie diese Entscheidung zustande kam. So bleibt die Akzeptanz hoch und die neue Arbeitsteilung wird zum Erfolgsmodell.
Fazit: Mit KI im Team zum Erfolg
KI im Management ist kein Zukunftsfilm mehr, sondern Realität. Wer ihre Stärken – Schnelligkeit, Skalierbarkeit, Datenanalyse – klug nutzt, verschafft seinem Unternehmen einen Vorsprung. Das bedeutet aber auch, tradierte Vorgehensweisen zu überdenken. Standardisierung um der Standardisierung willen tritt in den Hintergrund. Stattdessen rückt Flexibilität in den Vordergrund: KI-Systeme können sich on the fly auf neue Anforderungen einstellen.
Für Führungskräfte heißt das: Loslassen von Mikromanagement und Vertrauen in KI-Assistenten. Die neue Arbeitsteilung ermöglicht, dass Menschen sich auf das konzentrieren, was Maschinen (noch) nicht können – kreative Visionen entwickeln, Beziehungen pflegen, ethische Leitplanken setzen.
Die Unternehmen, die diese Symbiose aus menschlicher Erfahrung und maschineller Effizienz zuerst meistern, werden die Gewinner von morgen sein. KI ist reif für den Einsatz – jetzt liegt es an uns, sie optimal einzubinden.
Lust auf mehr Zukunftsimpulse? Im Buch "KI jetzt!" gehen Kai Gondlach und Mark Brinkmann detailliert darauf ein, wie KI die Arbeitswelt – insbesondere das Management – bereits heute transformiert. Erfahren Sie anhand konkreter Beispiele und Strategien, wie Sie die neue Arbeitsteilung in Ihrem Unternehmen gewinnbringend gestalten.
Zukunft denken, heute handeln: Warum meine Keynotes Unternehmen voranbringen
04/09/2025Zukunftstrends,Keynote Speaker Zukunft,Trend Keynote,Zukunft Keynote buchen,Keynote Klimawandel,geopolitische Veränderungen,Zukunftsforscher Vortrag buchen,Foresight-Methoden,Vortrag Zukunftstrends Unternehmen,Keynote künstliche Intelligenz,Vortrag Digitalisierung Zukunft,Keynote ZukunftsforschungArtikel
Seit fast 11 Jahren bin ich hauptberuflich als Zukunftsforscher aktiv. 2013 habe ich meinen Masterabschluss gemacht und die Masterarbeit zum Thema „kostenloser ÖPNV“ geschrieben – ein Thema, das damals noch exotisch klang, heute aber längst in vielen Städten Realität wird. Schon damals zeigte ich, dass Lösungen, die außerhalb der gewöhnlichen Denkgrenzen stattfinden, nicht nur sinnvoll sind, sondern in einer zunehmend vernetzten Welt echte Mehrwerte schaffen.

In den folgenden Jahren durfte ich bei unzähligen Veranstaltungen und Kongressen meine Perspektiven teilen – und nicht selten bestätigten sich meine Prognosen. Seit 2018 spreche ich in meinen Vorträgen regelmäßig über KI-Bots / KI-Agenten, die Bestellungen quasi autonom für ihre User abwickeln. 2019 sagte ich auf mehreren Konferenzen im Gesundheitssektor eine Pandemie innerhalb der nächsten drei Jahre voraus. Ende 2020 erinnerte mich eine Mitarbeiterin eines großen europäischen Pharmakonzerns daran. Sie bedankte sich, weil das Unternehmen nach meiner Keynote Prozesse in der Forschung und Entwicklung angepasst hatte – und dadurch besser auf COVID-19 vorbereitet war.
Auch beim Ukrainekrieg lag ich mit meinen Analysen nah an der Realität. In meinem Podcast Im Hier und Morgen stellte ich wenige Monate vor Beginn die Frage, ob der Krieg noch vor oder kurz nach Silvester starten würde. Ende Februar 2022 begann er tatsächlich.
Diese Beispiele zeigen: Zukunftsforschung ist kein Blick in die Glaskugel, sondern ein methodisches Vorgehen. Dabei geht es nicht darum, immer das „richtige“ Szenario vorherzusagen, sondern Unternehmen, Organisationen und Menschen auf verschiedene Zukunftsmöglichkeiten vorzubereiten.
Keynotes, die Wirkung zeigen
Meine Keynotes und Vorträge gehen über reine Fakten hinaus. Ich trainiere die Fähigkeit, Szenarien abzuwägen, Trends einzuordnen und Entscheidungen unter Unsicherheit zu treffen. Dieses „Foresight“ ist nicht nur spannend, sondern auch wirtschaftlich relevant: Unternehmen, die Zukunftsforschung systematisch einsetzen, erwirtschaften bis zu 33 Prozent mehr Umsatz als andere – das zeigt eine Studie von René Rohrbeck und Menes Etingue Kum.
Ob Klimawandel, Künstliche Intelligenz, Digitalisierung oder geopolitische Veränderungen – meine Keynotes liefern fundierte, inspirierende Impulse und konkrete Handlungsmöglichkeiten für Führungskräfte und Teams. Sie speisen sich unter anderem aus diversen Sach- und Fachbüchern, die ich in den letzten Jahren veröffentlicht habe, hunderten Interviews und der laufenden Forschung meines Zukunftsinstituts PROFORE.
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Daten sind der Treibstoff – aber Kontext ist der Schlüssel
26/08/2025Explainable AI,KI Implementierung,KI-Training,Bias,KI-Entwicklung,Transparenz,KI,AI Bias,Datenanalyse,Datenqualität,KI-Sicherheit,Erklärbarkeit,KI-Projekte,Datenmanagement,KI-EthikUncategorised
Ohne Daten keine KI. Dieser Satz klingt fast trivial, doch er wird im KI-Alltag oft vergessen. Algorithmen lernen aus Beispielen – je mehr und je besser die Daten, desto leistungsfähiger das KI-Modell. Aber Vorsicht: Daten alleine genügen nicht. KI braucht Kontext und Daten: Ohne qualitativ hochwertige Daten bleibt jede KI blind; entscheidend ist, wie Daten interpretiert und genutzt werden. Mit anderen Worten: Daten sind der Treibstoff, aber erst der richtige Kontext fungiert als Zündschlüssel, um daraus brauchbare Intelligenz zu erzeugen.
In diesem Beitrag zeigen wir, warum die Qualität und Herkunft der Daten über den Erfolg von KI-Projekten entscheidet. Außerdem betrachten wir, wie Bias – also Verzerrungen in Daten – KI-Ergebnisse verfälschen kann, und warum Erklärbarkeit (Explainable AI) für Vertrauen und Akzeptanz unabdingbar ist.
Gute Daten, gute KI – Schlechte Daten, schlechte KI
Eine KI ist nur so gut wie ihre Trainingsdaten. Werden falsche, veraltete oder lückenhafte Daten eingespeist, kann kein noch so raffinierter Algorithmus korrekte Schlüsse ziehen. Die Praxis hat gezeigt: Wenn Daten aus dem Kontext gerissen oder fehlerhaft sind, produziert auch die KI Fehler. Übrigens stellt sich auch die Rechtsfrage, welche Daten man nutzen darf: Medienhäuser wie die New York Times gehen bereits juristisch gegen KI-Anbieter vor, die ihre Artikel zum Training verwenden – ein Hinweis darauf, wie wertvoll hochwertige Daten geworden sind[1]. Beispielsweise musste ein Chatbot von Microsoft namens „Tay“ 2016 offline genommen werden, weil er in sozialen Netzwerken mit beleidigenden und rassistischen Aussagen auffiel – er hatte von Nutzern gelernt, die ihn mit toxischen Inhalten gefüttert hatten[2]. Die Lektion daraus: Ohne Filter und Kontext übernimmt KI ungeprüft auch die dunkelsten Facetten ihrer Datenquellen.
Andererseits entfaltet KI ihre Stärken, wenn sie mit umfangreichen, repräsentativen und aktuellen Daten trainiert wird. Ein Modell für Absatzprognosen, das alle relevanten Marktdaten und saisonalen Effekte berücksichtigt, wird verlässlichere Vorhersagen treffen als eines, das nur auf dem letzten Jahr basiert. Wichtig ist auch, den Kontext zu verstehen: Ein Datenmuster kann verschiedene Bedeutungen haben, je nach Umfeld. Daher sollten KI-Systeme – oder die Menschen, die sie nutzen – die Ergebnisse stets im Gesamtkontext betrachten, statt blind dem Zahlenoutput zu vertrauen.
Wenn Vorurteile zum Problem werden: Bias in Trainingsdaten
Daten erzählen immer eine Geschichte – aber manchmal eine einseitige. Ein zentrales Risiko bei KI-Trainingsdaten sind Biases, also Verzerrungen, die bestimmte Gruppen benachteiligen oder falsche Schlüsse begünstigen. KI-Systeme selbst haben keine Ideologie und keine Absicht zu diskriminieren. „Das heißt nicht, dass die Systeme an sich diskriminieren »wollen«, es unterstreicht einfach, dass sie nicht denken können. Sie sind immer nur so gut wie ihre Trainingsdaten und die einprogrammierten ethischen Rahmen“ (KI jetzt!, S. 34). Mit anderen Worten: Wenn das Datenmaterial voreingenommen ist, wird es die KI zwangsläufig widerspiegeln.
Ein bekanntes Beispiel: Ein Unternehmen nutzte eine KI, um Bewerbungen zu filtern, stellte dann aber fest, dass das System Frauen systematisch benachteiligte. Warum? Die KI wurde mit historischen Bewerberdaten trainiert, in denen – bedingt durch frühere Personalentscheidungen – vor allem Männer eingestellt worden waren. Der Algorithmus lernte daraus ungewollt, Männer zu bevorzugen. Häufig diskriminieren KI-Anwendungen eher fahrlässig bestimmte Personengruppen, weil sie schlecht trainiert wurden (KI jetzt!, S. 34). Nicht die KI „wollte“ diskriminieren, sondern die Verzerrung lag in den Daten.
Ein oft zitiertes Beispiel für unbeabsichtigte Diskriminierung durch Technik ist der berüchtigte „rassistische Seifenspender“: Ein automatischer Spender gab nur hellhäutigen Personen Seife aus – bei Menschen mit dunkler Haut blieb er stumm. Der Grund war eine Fehlkalibrierung des Sensors, der auf Hautreflexion reagierte. Hier wurde niemand absichtlich benachteiligt; vielmehr war das System unzureichend auf Vielfalt getestet.
Solche Fälle machen deutlich, wie wichtig Diversität und Sorgfalt bei der Datenaufbereitung sind. Entwickler:innen müssen Datensätze prüfen und bereinigen, um offenkundige Schieflagen zu korrigieren. Zudem empfiehlt es sich, KI-Ergebnisse laufend zu überwachen: Zeigen sich systematische Benachteiligungen oder seltsame Ausreißer, ist menschliches Eingreifen gefragt. Die EU hat im kommenden AI Act (dem EU-Gesetz für Künstliche Intelligenz) strenge Vorgaben festgelegt, um Bias in KI-Systemen zu minimieren. Hochriskante KI-Anwendungen – etwa in der Personalwahl, im Bildungssystem oder der Strafverfolgung – sollen nur zugelassen werden, wenn nachgewiesen ist, dass diskriminierende Effekte weitestgehend ausgeschlossen sind.[3]
Black Box KI? Erklärbarkeit schafft Vertrauen
Nicht nur die Daten, auch die Transparenz einer KI ist entscheidend. Viele KI-Systeme agieren wie Black Boxes: Sie liefern ein Ergebnis, ohne dass man genau nachvollziehen kann, warum. Das ist problematisch, wenn die KI wichtige Entscheidungen trifft, etwa über einen Kredit oder eine medizinische Diagnose. Hier kommt XAI – erklärbare KI ins Spiel: Nachvollziehbarkeit wird zur zentralen Anforderung, damit Entscheidungen von KI-Systemen transparent und vertrauenswürdig bleiben. Nutzer:innen und Betroffene haben ein Recht darauf zu verstehen, wie ein Algorithmus zu seinem Urteil gelangt ist.
Erklärbarkeit bedeutet beispielsweise, dass eine KI die wichtigsten Einflussfaktoren für ihre Prognose benennen kann: „Kredit abgelehnt, weil Einkommen unter Schwelle X und negative Schufa-Einträge“. Solche Info schafft Vertrauen und ermöglicht es, Entscheidungen zu überprüfen. Verschiedene Methoden – von einfachen Entscheidungsbäumen bis hin zu komplexen Explainable-AI-Visualisierungen – helfen dabei, Licht ins Dunkel neuronaler Netze zu bringen. Unternehmen, die KI einsetzen, sollten auf solche Features achten. Die Nachvollziehbarkeit ist übrigens auch ein zentraler Bestandteil des EU AI Act: Anbieter müssen je nach Risikostufe erklären können, wie ihr System funktioniert und auf welcher Datengrundlage.
Context is King: Manipulation erkennen und vermeiden
Selbst mit guten Daten und Erklärbarkeit bleibt eine weitere Herausforderung: KI-Systeme können durch geschickt gewählten Input aus dem Tritt gebracht werden. Moderne Chatbots haben eine faszinierende Fähigkeit, Texte zu generieren – doch sie sind manipulierbar! Ein prominentes Beispiel ist das sogenannte Prompt Injection: Dabei formulieren Nutzer:innen Eingaben so, dass sie die KI dazu verleiten, ihre ursprünglich einprogrammierten Regeln zu umgehen. Plötzlich spuckt der Chatbot geschützte Informationen aus oder erzeugt unerwünschte Inhalte, nur weil der Kontext der Anfrage ihn geschickt in die Irre geführt hat.
Diese Anfälligkeit zeigt, dass KI immer im Kontext ihrer Verwendung betrachtet werden muss. Ein ChatGPT, das im Firmennetz werkelt, sollte beispielsweise nicht unbeaufsichtigt Zugang zu sensiblen Daten haben – jemand könnte ihm via Prompt-Injection-Trick vertrauliche Infos entlocken. Anbieter reagieren auf solche Risiken: Anthropic hat sein neuestes Modell Claude 3 mit verstärkten Sicherheitsmaßnahmen versehen, und OpenAI schult GPT-4o und 5 darauf, systemseitige Anweisungen (die sog. „Guardrails“) nicht zu ignorieren. Doch ein Allheilmittel gibt es nicht: Menschliche Wachsamkeit bleibt wichtig. Die KI liefert Vorschläge – ob diese sinnvoll oder gefahrlos sind, muss im Zweifel ein Mensch beurteilen.
Fazit: Datenqualität, Fairness und Transparenz zahlen sich aus
Wer KI erfolgreich einsetzen will, darf die Grundlagen nicht vernachlässigen. Hochwertige, repräsentative Daten und ein gutes Verständnis des Anwendungskontexts sind das A und O. Die teuerste KI-Plattform nützt nichts, wenn der Datentreibstoff von schlechter Qualität ist oder in die falsche Richtung führt. Genauso essenziell ist es, Bias zu erkennen und zu beseitigen, bevor eine Anwendung live geht – im Zweifelsfall mit vielfältigen Testdaten und Feedbackschleifen. Das stellt besonders KMU vor enorme Voraussetzungen, die bislang kaum oder gar nicht systematisch Daten über ihre Prozesse erfasst haben.
Transparenz und Erklärbarkeit sind keine Kür, sondern Pflicht: Sie schaffen Vertrauen bei Nutzer:innen, Kunden und Behörden. Unternehmen im Mittelstand sollten frühzeitig dafür sorgen, dass ihre KI-Systeme zumindest grundlegende Erklärbarkeitsfunktionen bieten. So lassen sich Entscheidungen intern wie extern besser vermitteln.
Am Ende gilt: Kontext ist der Schlüssel. KI entfaltet ihr Potenzial nur in einem Umfeld, das sie versteht – und das die Menschen verstehen, die mit ihren Ergebnissen arbeiten. Wer Daten und Kontext beherrscht, hat den wichtigsten Schritt getan, um mit KI echten Mehrwert zu schaffen, statt in Datenfallen zu tappen.
Im Buch "KI jetzt!" werfen Mark Brinkmann und Kai Gondlach einen detaillierten Blick auf die Datenbasis der KI-Revolution. Erfahren Sie, wie Sie Bias vermeiden, Transparenz schaffen und mit der richtigen Datenstrategie den vollen Wert von KI ausschöpfen – jetzt mehr lesen in KI jetzt!.
[1] https://www.theguardian.com/media/2023/dec/27/new-york-times-openai-microsoft-lawsuit
[2] https://www.bbc.com/news/technology-35890188
[3] https://www.europarl.europa.eu/news/en/press-room/20240308IPR19025/economic-coordination-prioritise-investment-and-reform-eu-economies-meps-say
Wie KI tickt – Was Maschinen wirklich können (und was nicht)
18/08/2025Foresight,Moores Law,Zukunft,künstliche Intelligenz,KI,Mooresches Gesetz,exponentielles Wachstum,ZukunftsperspektivenArtikel
Können Maschinen wirklich denken? Täglich lesen wir Schlagzeilen über neue KI-Wunder: Computer bestehen schwierige Prüfungen, schreiben Texte, malen Bilder. Schnell entsteht der Eindruck, dass Maschinen uns bald überholen. Doch die Realität ist nüchterner. Zwischen dem, was in der Theorie möglich scheint, und der Realität der heutigen KI-Systeme klafft jedoch eine Lücke. Um KI sinnvoll einzusetzen, sollten Entscheider:innen verstehen, wie KI tickt – und was Maschinen nicht können.
Tatsache ist: Die allermeisten KI-Anwendungen heute sind spezialisierte Experten für eng umrissene Aufgaben. Ein Sprachassistent kann z. B. Termine koordinieren, ein Bildklassifizierungs-Algorithmus erkennt Krebszellen besser als ein Mensch – aber jeder bleibt strikt in seinem Aufgabenbereich. Außerhalb dessen versagen diese Systeme. Sie verfügen nicht über ein allgemeines Weltverständnis, sondern verarbeiten nur Daten nach mathematischen Mustern.
Exponentielle Entwicklung vs. menschliche Intuition
Ein Blick in die IT-Geschichte zeigt, wie rasant sich Technologie entfalten kann. Gordon Moore formulierte schon 1965 das nach ihm benannte Gesetz: Die Rechenleistung verdoppelt sich alle circa zwei Jahre. Ähnlich verhält es sich mit KI: Die Entwicklung von IT-Systemen und KI verläuft exponentiell, nicht linear – das überfordert unser intuitives Verständnis, erklärt aber die sprunghaften Fortschritte. (KI jetzt!, S. 35) In wenigen Jahren sprang KI von einfachen Bilderkennungs-Tools zu erstaunlichen Sprachmodellen wie GPT-4. Doch während sich die Technik in immer kürzeren Zyklen verbessert, bleiben viele Unternehmen und Menschen mental im linearen Denken verhaftet.
Exponentielles Wachstum bedeutet anfangs langsamer Zuwachs, dann plötzlich explosive Entwicklungen. Genau das erleben wir: Jahrzehntelang fristete KI ein Nischendasein, doch seit einigen Jahren scheint es, als kämen täglich neue Durchbrüche. Tatsächlich erscheinen inzwischen täglich Hunderte neue KI-Tools, von denen viele produktive Arbeitsschritte ausführen können, die zuvor nur Menschen erledigen konnten. Diese Flut an Innovationen kann schwindelig machen. Dennoch heißt es: Ruhe bewahren und realistisch bleiben.
Kurzfristiger Hype: überschätzte Wirkung heute
Wenn eine neue Technologie ins Rampenlicht tritt, neigen wir zu übersteigerten Erwartungen. „Die Mehrheit der Menschen überschätzt die kurzfristigen KI-Auswirkungen“ (KI jetzt!, S. 13). Das haben wir in vergangenen Tech-Hypes schon gesehen – man denke an das Internet um die Jahrtausendwende oder Smartphones um 2007. Im Fall der KI glauben manche, in ein bis zwei Jahren würden ganze Berufsfelder wegrationalisiert und jeder Haushalt hätte einen eigenen Roboterassistenten. Die Realität hinkt solchen Visionen meist hinterher.
Auch im Unternehmenskontext zeigt sich Ernüchterung: Viele Firmen haben 2023/24 erste Pilotprojekte mit generativer KI (etwa Chatbots oder Textgeneratoren) gestartet – oft mit überzogenen Erwartungen. Umfragen zufolge stecken zwei Drittel der Unternehmen in der Experimentierphase fest und schaffen es nicht, die KI-Lösungen produktiv zu skalieren[1]. Gartner prognostiziert, dass bis 2025 etwa 50 % der generativen KI-Projekte in Unternehmen scheitern oder abgebrochen werden[2]. Die Gründe: unerwartete technische Hürden, Datenschutzbedenken und ein ROI, der doch nicht so schnell kommt wie erhofft. Kurzfristig wurde schlicht zu viel versprochen.
Ein Beispiel aus der KI-Welt: OpenAI sorgte 2024 mit Sora – einem KI-Modell zur Videoerzeugung – für Aufsehen. Doch nachdem die erste Euphorie verflogen war, zeigten sich die Grenzen: Viele User bemängelten die Bildqualität und die In-Session Stabilität der generierten Videos[3]. Ähnlich verlief es mit manch anderer gefeierter Neuerung. Die Lektion? Große Durchbrüche brauchen oft mehr Zeit, als der erste Hype vermuten lässt.
Langfristiger Wandel: unterschätzte Wirkung morgen
Während im Hier und Jetzt nicht jede Vision sofort Realität wird, läuft im Hintergrund eine tiefgreifende Transformation ab. „Wir fürchten, dass viele Menschen und Unternehmen die langfristigen KI-Auswirkungen unterschätzen werden“ (KI jetzt!, S. 135). Denn während der kurzfristige Hype irgendwann abflaut, entfalten Technologien ihr volles Potenzial oft erst über Jahre oder Jahrzehnte. Das Smartphone etwa hat binnen 15 Jahren unsere Gesellschaft umgekrempelt – etwas, das sich 2007 kaum jemand in der vollen Tragweite vorstellen konnte. Ähnlich war es mit dem Internet: Um das Jahr 2000 überschätzte die Dotcom-Blase kurzfristig das Potenzial (viele Start-ups floppten), doch zwei Jahrzehnte später ist klar, dass das Internet letztlich mehr verändert hat, als damals gedacht – nur eben nicht in zwei, sondern in zwanzig Jahren.
KI dürfte in 10 oder 20 Jahren allgegenwärtig sein: in praktisch jedem Gerät, jedem Fahrzeug, jedem Arbeitsprozess. Heute stecken wir noch mitten in der Anpassungsphase – Prozesse müssen umgestellt, Mitarbeitende qualifiziert, ethische Leitplanken gesetzt werden.
Kein Umbruch über Nacht – aber stetiger Fortschritt
Für Entscheider:innen heißt das: Lassen Sie sich nicht von jeder reißerischen Schlagzeile verunsichern, aber bleiben Sie wachsam für echte Trends. KI verändert nicht alles sofort, doch sie verändert mit der Zeit nahezu jeden Bereich. Die Kunst besteht darin, echten Fortschritt von bloßem Hype zu unterscheiden. Wer heute nüchtern evaluiert und pilotiert, wird morgen Wettbewerbsvorteile haben, wenn KI-Lösungen ausgereift sind.
Statt in Panik zu verfallen oder in Wunderglauben, sollte man einen langen Atem beweisen. Ja, KI automatisiert viele Routineaufgaben – aber es braucht Anpassung, Integration und oft mehr Daten oder Rechenpower, als man anfänglich denkt. Gleichzeitig darf man KI nicht als Spielerei abtun: Die stille Revolution findet statt – Schritt für Schritt, fast unbemerkt. Heute mag KI manchmal enttäuschen, doch auf lange Sicht wird sie vieles erreichen, was wir ihr momentan noch nicht zutrauen.
Die Entwicklung verläuft exponentiell – doch die Wirkung spüren wir oft erst zeitversetzt. Wer heute lernt, experimentiert und sein Team vorbereitet, wird in einigen Jahren die Früchte ernten.
Im Buch "KI jetzt!" diskutieren wir (Mark Brinkmann und Kai Gondlach), wie KI unsere Welt in den kommenden Jahrzehnten verändern könnte – und warum Geduld und Weitsicht sich lohnen. Lesen Sie weiter in KI jetzt! und bleiben Sie der Entwicklung einen Schritt voraus.
[1] https://www.ciodive.com/news/enterprise-generative-AI-ROI-pilot-fail-Informatica/739485
[2] https://medium.com/@stahl950/the-ai-implementation-paradox-why-42-of-enterprise-projects-fail-despite-record-adoption-107a62c6784a
[3] https://venturebeat.com/ai/not-there-yet-sora-rollout-receives-mixed-response-from-ai-filmmakers-citing-inconsistent-results-content-restrictions/










