Was ist Zukunftsforschung?

Wer die eigenen möglichen Zukünfte kennt, trifft die besseren Entscheidungen.

„Die Zukunftsforschung oder Futurologie (lateinisch futurum „Zukunft“ und -logie) ist die „systematische und kritische wissenschaftliche Untersuchung von Fragen möglicher zukünftiger Entwicklungen“ „auf technischem, wirtschaftlichem und sozialem Gebiet“. Sie verwendet unter anderem Methoden, Verfahren und Techniken, wie sie von der Prognostik entwickelt wurden (und werden) und verbindet qualitative und quantitative Methoden.“ [1]

Dieser erste Absatz des Wikipedia-Artikels umreißt den Begriff fürs Erste ganz gut. Zukunftsforscher*innen wenden also anerkannte Methoden an, um gezielt Forschungsfragen zu bearbeiten, deren Auswirkungen in der Zukunft liegen. Damit haben wir auch eine erste, relativ trivial klingende und doch immense Herausforderung identifiziert: Zukunft ist lediglich ein Konstrukt und wir können keine Daten über sie erheben, sie nicht messen oder Experimente durchführen. Damit ist die Zukunftsforschung ein Exot der Wissenschaften, da dies bei den meisten anderen Wissenschaften der Fall ist.

Zukunft existiert immer nur als theoretisches Gebilde und in unendlichfach, weshalb der Begriff der Zukünfte eine wichtige Rolle in der Terminologie der Zukunftsforschung spielt. Sobald eine der potentiell möglichen Zukünfte eintritt, handelt es sich um Gegenwart, die meisten anderen Zukünfte – die möglicherweise vorab antizipierten und alle anderen – sind im Jetzt zur Unmöglichkeit geworden oder verbleiben in der Wartehalle der Zukünfte.

Eine Zukunft ist vergleichbar mit einer unter zigmilliarden Raupen, die darauf warten, sich zum Schmetterling der Gegenwart zu metamorphieren.

Die Erforschung offener Zukünfte

„Zukunftsforschung ist die wissenschaftliche Befassung mit möglichen, wünschbaren und wahrscheinlichen Zukunftsentwicklungen und Gestaltungsoptionen sowie deren Voraussetzungen in Vergangenheit und Gegenwart.“ [2]

Mir gefällt außerdem die Definition von Rolf Kreibich, einer Koryphäe der deutschsprachigen Zukunftsforschung. Dieser Ansatz ist womöglich alltagstauglicher als der obere Absatz. Er impliziert unter anderem, dass Zukunftsforscher*innen sich selbstverständlich Gedanken darüber machen und diese auch explizit benennen müssen, ob eine erwartete Zukunft eintritt, wie möglich oder wahrscheinlich sie ist und inwiefern normative Erwartungen bzw. Wünsche die Prognosen beeinflussen. Letzteres tun andere Wissenschaften weniger, da bei der Beschreibung existierender Forschungsobjekte – seien sie noch so theoretisch – unterstellt wird, dass die Forscher*innen wertfrei vorgehen.

Zusätzlich enthält der Aspekt der wünschbaren Zukunftsentwicklung auch ein für mich persönlich extrem wichtiges Element der Zukunftsforschung: Anders als viele andere Wissenschaften wird Zukunftsforschung sehr oft explizit dazu eingesetzt, um wahrscheinliche Szenarien zu erforschen und aufgrund dieses Wissensvorsprungs Entscheidungen in der Gegenwart zu treffen. Diese Entscheidungen sollen dann die entscheidende Instanz, bspw. ein Unternehmen, dazu befähigen, Fehler in der Zukunft zu vermeiden oder ein wünschbares Szenario (bspw. mehr Umsatz, weniger Mitarbeiterunzufriedenheit) zu erreichen. Ganz einfach gesagt:

Wer die eigene Zukunft kennt, trifft die besseren Entscheidungen.

Quellen

[1] Seite „Zukunftsforschung“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 1. Juli 2020, 11:37 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Zukunftsforschung&oldid=201470759 (Abgerufen: 3. November 2020, 07:52 UTC).

[2] Kreibich, Rolf (2006): Zukunftsforschung. ArbeitsBericht Nr. 23/2006, Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung, Berlin, online abrufbar: https://www.izt.de/fileadmin/publikationen/IZT_AB23.pdf, S. 3.